Materialien 2007

Good bye Ilse, wir sind froh, dass wir Dich kennen durften

Am 16. November 2007 starb unsere Mitstreiterin Ilse Marie Claassen plötzlich und unerwartet. Es war ein Schock für die Karawane. Die Lücke, die sie hinterlassen hat, bleibt schmerzhaft spürbar. Wie sehr sie fehlt, wird erst nach und nach klar. Ilse war eine unermüdliche Kämpferin, immer im Hintergrund, immer da, kontinuierlich und total verlässlich.

Die meisten Karawane-AktivistInnen hätten ihre Enkel sein können, aber das war für sie nicht wirklich wichtig. Zusammen mit anderen für eine bessere Welt zu kämpfen, das war ihr Lebenseli-
xier. Meist stand sie in der zweiten Reihe, hielt ein Spruch-Plakat oder Transparent hoch, teilte Essen aus, diskutierte ausdauernd mit PassantInnen. Die Flüchtlinge in der Karawane fanden in ihr eine Freundin – eine die selbst auf verschiedenen Kontinenten gelebt hatte, sowohl Fremdheit als auch Ausgrenzung aus eigener Erfahrung kannte.

Bei Kundgebungen ans Mikro zu gehen, der Welt ihre Überzeugungen durch eine Verstärkeranlage zu verkünden, das war nicht Ilses Ansatz.

Stattdessen war ihr politischer Weg ganz und gar persönlich, geprägt von ihren eigenen Lebenser-
fahrungen. Rassismus und soziale Ungerechtigkeit waren für sie schlicht unerträglich. Sich gegen Unmenschlichkeit zu engagieren, war für sie selbstverständlich.

Die wilde Mischung von Leuten, die bei ihrer Beerdigung erschien, wäre sicher ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Fast hatte man den Eindruck, es mache sich eine Karawane-Demo auf den Weg über den Friedhof, so bunt, chaotisch und anarchisch war die Meute. Gefallen hätte ihr sicher-
lich auch der bunte Haufen, der sich am Abend davor zusammenfand, um gemeinsam von ihr Ab-
schied zu nehmen. Freunde und politische Weggefährten, eine große Anzahl von befreundeten Flüchtlingen, deren Kinder, aber auch Ilses eigene Kinder und Enkelkinder versammelten sich im Keller des EineWelt-Hauses. Es wurde afrikanisches Essen aufgetischt und viel geredet. Wie eine große Familie saß die stattliche Ansammlung von Menschen unterschiedlichster Herkunft zusam-
men und trauerte gemeinsam.


Karawane München – die ersten zehn Jahre, München 2008, 18.

Überraschung

Jahr: 2007
Bereich: Flüchtlinge

Referenzen