Materialien 2007

Antikapitalistische & klassenkämpferische 1. Mai-Demo

13.00 Stachus München
Streiken, Enteignen, Sabotieren
Kapitalismus abschaffen

vorher: 10.00 Uhr Arbeitsamt, Kapuzinerstr: Antikapitalistischer Block in der DGB-Demo, Treffpunkt: Transparent – Streiken, Enteignen, Sabotieren – Ab 15.00 Uhr 1. Mai Strassenfest (Thalkirchnerstr. / Ecke Zenettistr.)

Für eine revolutionäre Perspektive

WARUM EINE EIGENSTÄNDIGE DEMO AM 1. MAI

Seit 1889 ist der 1. Mai der Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter, also der Tag an dem die Lohnabhängigen in der ganzen Welt für ihre Rechte auf die Strasse gehen. Wir sind ArbeiterInnen und Angestellte, Gewerkschaftsmitglieder und Unorganisierte, prekär Beschäftigte und Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen, MigrantInnen und SchülerInnen, Azubis und Studierende. Wir organisieren auch dieses Jahr in München eine eigenständige Demonstration, weil wir uns nicht (mehr) oder nicht genug von den DGB-Gewerkschaften vertreten fühlen. Unsere Demo ist eine notwendige Ergänzung zur Münchner DGB-Demo sie findet bewusst im Anschluß an sie statt, sie ist jedoch hingegen der reformistischen, sozialdemokratischen,sozialpartnerschaftlichen Schmuseveranstaltung am Marienplatz selbstbewusst genug dem Kapital und dessen politischen Bütteln den Kampf anzusagen. In zahlreichen weiteren Städten der BRD gibt es eigenständige, revolutionäre Demos. Wir alle gemeinsam, ob in München, Nürnberg oder Berlin und weltweit demonstrieren am 1. Mai für unser Recht auf ein menschenwürdiges, selbstbestimmtes Leben und Arbeiten.

ZUM DGB UND DESSEN EINZELGEWERKSCHAFTEN

Der DGB veranstaltet wie jedes Jahr eine Demonstration vom Arbeitsamt zum Marienplatz, wo DGB und SPD-Funktionäre sich selbst lobende Reden schwingen. So darf auch jedes Jahr OB Ude als Repräsant der Stadtregierung und Schmid als Repräsant der Gewerkschaftsbürokratie vor den versammelten GewerkschafterInnen die angeblich so großartigen Zustände in München preisen. Seine Reden gehen seit Jahren immer darum das Böse inder CSU zu suchen, denen den Arbeitsplatzabbau und die Privatisierung politisch zu zuschieben um als „anti-neoliberaler“ SPD-Mann dastehen zu können. Aber wer ist in München mitverantwortlich für die Hausdurchsuchungen bei ALG II EmpfängerInnen? Durch die Bespitzelungen rechtfertigt die Beamten die Zwangsräumng. Die Zwangsräumungen waren auch der Grund, warum Menschen in München Selbstmord begangen haben. Wer führt seit Jahren kein Sozialticket für den MVV/MVG ein? Wer ist Befürworter der Privatisierung derStadtwerke? Wer sich in den Stadtbibliotheken was ausleihen möchte, zahlt seit einigen Jahren dafür, gleichzeitig wird das neue automatische Verbuchungssystem dazu benutzt Arbeitsplätze abzubauen. Der SPD-Mann Ude ist hier bei allem voll mit dabei!

Eigentlich ist es Aufgabe der Gewerkschaften für die Festangestellten, prekär Beschäftigten und Arbeitslosen einzutreten und sich nicht stattdessen mit deren Feinden auf ein Stelldichein einzulassen. Was von solcher „Sozialpartnerschaft“ zu halten ist zeigt sich, wenn das Kapital trotz Arbeitsplatzversprechungen und im Profitinteressen Massenentlassungen vollziehen. Im November 2006 bei den Auseinandersetzungen bei Volkswagen (VW) wird das ganze Ausmaß wieder mal deutlich: Die Arbeiter in den deutschen VW-Werken hatten seit langer Zeit eine 28,8 Stundenwoche, zu lange wie der Vorstand von VW meinte. VW spielte nun seine Werke in der BRD und das Werk in Brüssel (Belgien) gegeneinander aus. In Brüssel wird in Zukunft kein“Golf“ mehr gebaut werden, sondern hauptsächlich in der BRD – in Brüssel verlieren dafür knapp 4.000 ArbeiterInnen ihren Job. Alle VW-Beschäftigten hierzu Lande müssen ohne Lohnausgleich nun 33 Stunden pro Woche arbeiten, abgesegnet durch die IG Metall Verhandlungsführer. Ein europaweiter Streik – wie bei den Hafenarbeitern – hätte den VW Managern hingegen das Genick brechen können, wenn Peters und Huber (Vorsitzende der IG Metall) gewollt hätten. Aber der IG Metall-Führung ist unterm Strich der Standort-D und die „Sozialpartnerschaft“ wichtiger. Es zeigt sich ein zum anderen mal, wir müssen die herrschenden, nationalistischen Strukturen der Gewerkschaftsführungen durchbrechen und die Zukunft selbst in die Hand nehmen!

DER KAMPF GEGEN DEN SOZIALKAHLSCHLAG

Der Angriff der Großen Regierungskoalition und des Kapitals auf die erarbeiteten und erkämpften Errungenschaften der Arbeiterklasse setzt sich unvermindert fort. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 % Anfang 2007 und damit die Entlarvung der SPD-Wahlpropaganda als Lüge, die „Gesundheitsreform“, die einseitig zu Lasten der Patienten und im Gesundheitssektor Arbeitenden geht, die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67Jahre, was faktisch auf eine Rentenkürzung hinaus läuft, geplante Massenentlassungen bei Airbus und anderen Betrieben, die Ersetzung tariflicher und sozialversicherungspflichtiger Jobs durch Leiharbeiter, Niedriglohnstellen, 1.- €-Zwangsarbeit, die trotz statistischer Tricks gleich bleibend hohe Massenarbeitslosigkeit, die gesellschaftliche Ausgrenzung Erwerbsloser durch gesetzlich verordnete Armut auf Hartz IV Basis und auf der anderen Seite milliardenschwere Steuergeschenke der Bundesregierung an die Kapitalisten, die einen fetten Rekordgewinn nach dem anderen einfahren!

All diese Entwicklungen sind nicht vereinzelte Fehlentwicklungen eines neoliberal entfesselten Kapitalismus, der an sich gut funktionieren würde. Sie sind Ausdruck kapitalistischer Normalität, wie sie schon immer auf dem größten Teil der Erde geherrscht hat und jetzt auch nach einer relativ kurzen Aufschwungphase der Wirtschafswunderjahre wieder zu uns ankommt.

Aber die verschärfte Ausbeutung der Arbeiterklasse erzeugt auch Widerstand. Anfangs noch zögerlich durch weit gehend harmlose Massenproteste wie z.B. im April 2004 500.000 Arbeitende und Erwerbslose bundesweit auf der Straße, am 21.Oktober 2006 220.000. Dann langsam härter werdend wie z.B. der Streik Hunderttausender KollegInnen im öffentlichen Dienst über 8 – 13 Wochen, um den Arbeitsplatzabbau über eine Arbeitszeitverlängerung zu verhindern. Oder wenn es notwendig ist auch Methoden der Betriebsbesetzung, Werksblockade und wilde Streiks wie bei Opel/Bochum. So verhinderten im Januar 2007 1.000 KollegInnen durch eine 10 stündige Werksblockadeden Ausverkauf der Bausysteme KG in Freudenberg.

Solcherart Widerstand gilt es auszubauen und strikt antikapitalistisch zu führen. Deshalb müssen wir uns innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften selbst organisieren, weder auf korrupte sozialdemokratische Gewerkschaftsführungen noch auf Parlamentswahlen vertrauen, sondern uns auf unsere eigene Stärke besinnen. Lassen wir uns nicht durch nationalistische Standortlogik oder rechte, rassistische Ideologien spalten und gegeneinander ausspielen, nicht junge auszubildende KollegInnen gegen RenterInnen, nicht ausländische gegen inländische KollegInnen. Fortschrittliche Forderungen wie ein Mindestlohn von 10.- € pro Stunde oder Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich bis jeder eine menschenwürdige Arbeit hat, gehen in die richtige Richtung, letztendlich muss es aber um die Abschaffung der Lohnarbeit gehen. Es kann dauerhaft nur durch internationale ArbeiterInnenkämpfe und durch die Brechung der Macht des Kapitals erreicht werden.

DIE MIGRATION UND ARBEIT

Ein aktuelles Thema ist das Bleiberecht und geplante Änderungen im Ausländerrecht. Aus diesen Gesetzen resultiert sich ein menschenverachtendes und feindliches Unrecht gegen Flüchtlinge, Hungrige, Arbeitslose und „Fremde“ – jeglicher Art, die in der Hoffnung auf ein sicheres und besseres Leben nach Deutschland kommen. Nach Deutschland – in ein Land, das mit Schuld an der Lage der Herkunftsländer der Immigranten trägt.

Diese Menschen flüchten vor dem Elend, das durch die reichen Staaten der Welt und den gnadenlosen Imperialismus geschaffen, verursacht und erhalten wird. Sie flüchten in ein Land, das mit seiner imperialistischen Wirtschafts-, seiner Handels-, Entwicklungs -und neuerdings seiner Militärpolitik an der Armut in den strukturell abhängigen Herkunftsstaaten der Flüchtlinge mitschuldig ist. Die BRD ist im globalen Maßstab genauso an der Ausbeutung und Unterdrückung beteiligt wie die USA und die alten europäischen Kolonialmächte. Die immer aggressivere Außenpolitik zur Sicherung deutscher Interessen z.B. in Afghanistan, vor den Küsten Somalias oder im Kongo geht Hand in Hand mit der verschärften Ausbeutung der Lohnabhängigen im eigenen Land.

Diese Politik „verfeinert“ unter einer Maske der scheinbaren Liberalisierung des Ausländerrechts die Regelungen und Gesetzgebungen, wie mit den Opfern des Kapitalismus und Imperialismus verfahren werden soll. Sie reden von Verbesserungen und wollen doch nur so wenig wie möglich Immigranten nach Deutschland lassen. Diejenigen, die nach Deutschland kommen dürfen, sollen auf der anderen Seite als rechtlose gesellschaftliche Minderheit zur Lohndrückerei ausgenützt werden. Dadurch sollen die Immigranten der Niederhaltung und Erpressung der in Deutschland arbeitenden Bevölkerung dienen – unter dem Motto: rechtlose Arbeitskräfte als Kampfmittel gegen legitime wirtschaftliche Forderungen.

Deshalb fordern wir:

Sofortiger Stopp aller Abschiebungen! Die Abschaffung der besonderen Ausländergesetzgebung sowie die vollständige Wiederherstellung des Asylrechtes! Wahlrecht für alle Einwohner, die seit einem Jahr in Deutschland leben! Bleibe- und Arbeitsrecht für alle! Die Abschaffung der weltweit einmaligen Residenzpflicht! Gleichen Lohn für gleiche Arbeit! Internationale Klassensolidarität mit den Immigranten gegen das kapitalistische System und die Ausbeuter.

BILDUNGSZIEL: VERWERTBARKEIT

Bildungsabbau ist Sozialabbau. Studiengebühren, Büchergeld, Schulzeitverkürzung, etc. sind ein weiterer Teil der Ideologie, die alles über Profitlogikregeln will.

Chancengleichheit und freier Bildungszugang

Suggeriert wird, dass das Bildungssystem heute „Chancengleichheit“ und einen freien Bildungszugang garantiere. Fakt ist: Alle Erziehungsstufen sind maßgeblich durch das soziale Umfeld geprägt. Daraus resultierende soziale Unterschiede werden durch das Bildungssystem zementiert. In der Folge haben Menschen aus reichen Familien eine siebenfach höhere Chance später zu studieren als Kinder schlechter gestellter Eltern.

Der Zugang zu den einzelnen Bildungsstufen wird dabei nach den Anforderungen des gesamt gesellschaftlichen Produktionsprozesses reguliert. Z.B. wird im Zuge des so genannten Bologna-Prozesses mit präzisen Quoten geregelt, wie viele Bachelor-Absolvent/innen auch in die höheren Master-Studiengänge zugelassen werden.

Freie Forschung und Lehre

Durch eine marktgerechte Umgestaltung der Bildungseinrichtungen – Stichwort: Privatisierung und Ökonomisierung – werden Bildung, Forschung und Lehre auf international handelbare Waren reduziert. Eine logische Konsequenz daraus sind unter anderem Studiengebühren: Sie bewirken, dass noch weniger Menschen die Chance haben zu studieren und die übrigen ihre Studienfachwahl nur noch an vermeidlichen Renditen orientieren. Als Folge werden nicht-profitable Angebote wegrationalisiert. U.a. wurden laut Staatsregierung an der Universität München in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt 13 Studienfächer abgewickelt und geschlossen.

Akzeptanzwissenschaft und Ideologieproduktion

Freiwillige Unterordnung und Hingabe der ArbeiterInnenklasse unter das kapitalistische Regime sind für die Reproduktion dieses menschenverachtenden Systems notwendig. Damit Menschen derartig gegen ihre objektive Interessen handeln, braucht es vermeintlich plausible Erklärungen – geschaffen durch Akzeptanzwissenschaft. Die Gesamtheit all dieser interessengeleiteten Verklärungen ist Teil eines Erklärungssystems, das als naturgegeben hingenommen und zu eigen gemacht wird. Solche Ideologisierung zum einen, sowie Ordnungspolitik und militärische Absicherung zum anderen, sind wesentliche Pfeiler von Herrschaft. Diese Mechanismen ziehen sich durch alle bürgerlichen Institutionen.

Zum Beispiel Schule: Neben den vordergründigen Inhalten sollen vor allem Sekundär-Tugenden eingebläut werden. Erlernt werden Disziplin als Akzeptanz von Fremdbestimmung elementarer Bedürfnisse (Schlaf, Sprechen, Essen, Toilette, Bewegung) oder sogar fragloses Funktionieren als Sozialautomat im System.

Das über geordnete Bildungsziel lautet also: Werde ein wertvoller Teil unserer Gemeinschaft! Und wertvoll sind Menschen nur dann, wenn sie ihre Arbeitskraft dem Kapital für dessen Profit und Akkumulation zur Verfügung stellen.

Das ist allerdings nicht unsere Vorstellung von Bildung und Forschung. Bildung ist mehr als Ausbildung und Forschung mehr als Technologietransfer. Bildung und Wissen dürfen nicht zur Ware verkommen, sie müssen vielmehr endlich ein allen uneingeschränkt zugängliches, gesellschaftliches Gut werden.

VON GENUA ÜBER MÜNCHEN NACH HEILIGENDAMM -
DEN WIDERSTAND AUF DIE STRASSE TRAGEN

Nach den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz im Februar betrachten wir auch den 1. Mai als Auftakt für die Aktionen gegen den G8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm. Wenn wir am 1. Mai gegen die Prekarisierung hiesiger Lebensverhältnisse auf die Straße gehen, heißt das für uns, diese im Kontext der kapitalistischen Umstrukturierung zu verstehen, die sich global vollzieht. Für diese Politik, die den Abbau sozialer und demokratischer Rechte weltweit mit sich bringt und die Kluft zwischen Arm und Reich weiter verschärft, steht die G8. Diese Politik und ihre weitere Forcierung sind Thema, wenn sich die RepräsentantInnen der reichsten Wirtschaftsnationen Mitte des Jahres in Heiligendamm treffen – von martialischem Polizeiaufgebot und großflächiger „Roter Zone” umgeben. Darüber hinaus dient der Gipfel den Teilnehmenden auch als symbolträchtiges Ereignis zur Demonstration von Macht und um die eindeutige Botschaft zu vermitteln, dass es zur gegenwärtigen Weltordnung keine Alternativen gibt. Das aber sehen wir anders! …

Denn diese Weltordnung heisst Verschlechterung der Lebensbedingungen hier, und gleichzeitig Hunger, Armut und Ausbeutung in unvorstellbaren Ausmaß im globalem Süden. Ein Beispiel ist die weltweit voran schreitende Privatisierung von Wasser: In England führte diese dazu, dass Leitungswasser mittlerweile kaum mehr trinkbar ist. In vielen Ländern des globalen Südens hingegen heisst Privatisierung von Wasser, dass Menschen existenziell gefährdet sind. In jedem Fall profitieren Infrastrukturkonzerne wie Vivendi-Violia und RWE an dem Geschäft der Wasserprivatisierung.

Gegen die kapitalistische Globalisierung regt sich global Widerstand. Um beim Beispiel Wasser zu bleiben: Weltweit gab und gibt es lokale Initiativen dagegen, teilweise flankiert von direkten Aneignungsaktionen: z.B. in Südafrika, wo BasisaktivistInnen unter der Parole „Zerstört die (Wasser)zähler, geniesst das Wasser!” genau das taten. Internationale Solidarität heisst für uns praktische Anknüpfungspunkte an die vielen und vielfältigen sozialen Kämpfe weltweit zu finden, etwa wenn diese am 1. Mai oder dann im Juni in Heiligendamm ihren gemeinsamen Ausdruck finden.

FÜR DIE AUFKÜNDIGUNG DES SOZIALEN FRIEDENS!

FÜR POLITISCHE STREIKS UND DEN GENERALSTREIK!

FÜR DEN INTERNATIONALEN KLASSENKAMPF STATT SOZIALPARTNERSCHAFT!

FÜR EINE KLASSENLOSE UND HERRSCHAFTSFREIE GESELLSCHAFT!

KRIEG DEM KRIEG! ABZUG ALLER IMPERIALISTICHEN TRUPPEN.

Es rufen auf: Arbeitskreis Internationalismus (aki), AK Gewerkschaften, Marxistische Initiative (MI),Libertad Süd, Freie ArbeiterInnen Union München (FAU) & Mitglieder der Gewerkschaften Verdi, NGG & GEW.


www.autistici.org/g8/deu/archiv/1—mai-2007/