Materialien 2008

Lauter Protest am Standort von Nokia Siemens Networks (NSN) München Martinstraße

2. Dezember 2008

In der Aufsichtsratssitzung am 2. Dezember wurde die Arbeitnehmerseite erstmalig über die De-
tails der neuen Pläne für Abbau, Umzug und Schließung informiert. Rund 450 davon Betroffene nutzten den Anlass, um zu zeigen, was sie von der so genannten ‚aktiven Restrukturierung’ halten – gar nichts.

Insgesamt sind allein in München etwa 1.400 Beschäftigte von den geplanten Restrukturierungs-
maßnahmen bei NSN betroffen. Davon sollen 500 ihren Arbeitsplatz direkt, bis zu 600 weitere ihren Arbeitsplatz möglicherweise durch „Zwangsumzüge“ verlieren und 300 Beschäftigte der IT ausgegliedert werden. Zusätzlich wird der Fertigungsstandort SRI in Durach mit etwa 500 Be-
schäftigten verkauft.

“Rauskommen, rauskommen”

Nokia Siemens Networks-Beschäftigte der Münchner Standorte versammelten sich am Morgen mit Trillerpfeifen, Transparenten und Tröten vor dem Sitzungszimmer des Aufsichtsrats und machten kräftig Lärm. Auf Veranlassung der Arbeitnehmerbank unterbrach das Kontrollgremium notge-
drungen seine Sitzung; während diese sich nach draußen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern gesellten, zogen die Eignervertreter es trotz unüberhörbarer „Rauskommen, rauskommen“-
Rufe vor, diskret in der Deckung des Gebäudes zu bleiben.

Angesichts des Geräuschpegels wenige Meter weiter dürften ihnen allerdings dennoch die Ohren geklungen haben. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Georg Nassauer, Hofmannstraßen-Betriebs-
rat Alexander Sowa, der Betriebsratsvorsitzende der Martinstraße Horst Schön und IG Metall-Vertreter Michael Leppek schilderten nochmals kurz die Entwicklung seit dem 11. November: Am Abend vor Herausgabe einer Presseerklärung informierte sie NSN spärlich über neue Pläne, die unter anderem den Verkauf von SRI Radio Systems und Intelligence Solutions, die Schließung des Standorts Hofmannstraße und den Zwangsumzug von 500 Radio Access-Beschäftigten aus der St. Martinstraße nach Ulm vorsehen.

Heute abgeschlossen, morgen in die nächste Runde?

Sind diese Pläne an sich schon weitgehend inakzeptabel, bringt ein weiteres Detail das Fass end-
gültig zum Überlaufen: Erst im Mai 2008 erklärte NSN gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat, die im Sommer 2007 vereinbarte Restrukturierung sei abgeschlossen (siehe Restrukturierungs-
ziele erreicht
). Kaum haben die Beschäftigten daraufhin wieder ihre volle Kraft darauf konzen-
triert, das Unternehmen wirtschaftlich und technologisch voranzubringen, kommt das Manage-
ment nun mit dem nächsten Kahlschlag – und dem fadenscheinigen Hinweis, danach sei man dann aber wirklich fertig.

Abschiebung durch die Hintertür

Die Beschäftigten, das war in der Martinstraße weder zu übersehen noch zu überhören, haben jetzt endgültig genug von diesem Katz- und Maus-Spiel. Sie unterstrichen die Kritik von Nassauer, Sowa und Leppek mit Pfiffen und Applaus: Stichhaltige wirtschaftliche und technische Gründe für die geplanten Maßnahmen sind nicht erkennbar, was den Verdacht nahelegt, dass Nokia Siemens Net-
works sich mit einer umständlichen, aufwändigen und überflüssigen erneuten Pseudo-Restruktu-
rierung durch die Hintertür weiterer Mitarbeiter entledigen will. Darauf aber, fasste Alexander Sowa die gemeinsame Haltung von Betroffenen, Betriebsräten und IG Metall zusammen, „gibt es nur eine Antwort: Nein!“


www.igmetall-muenchen.de/Archiv.146.0.html.