Materialien 2009

ATTAC-Diskussion gesprengt

In der bundesweit verbreiteten „Jungen Welt“ veröffentliche Rolf-Hennig Hintze einen detailreichen Artikel zu den Ereignissen, es fehlt leider die Information, dass der Autor dem Veranstalterkreis angehört und an den Vorfällen beteiligt war. M.F.

„Kein Dialog mit Kriegstreibern“: Autonome verhindern Veranstaltung mit Leiter der Münchner „Sicherheitskonferenz“.

Kritik im Friedensbündnis. Rolf-Henning Hintze, München

Knapp 20 Autonome haben am Freitag Abend eine ATTAC-Diskussion mit dem Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, gesprengt. Die Kriegsgegner versuchten zunächst, Ischinger den Zutritt durch das Tor auf das Gelände zu verwehren. Als das nicht gelang, blockierten sie verschiedene Eingänge des Münchner Eine-Welt-Hauses. Sie konnten jedoch nicht verhindern, dass der Gast durch einen Hintereingang in den Saal geleitet wurde.

Auf dem Podium saßen neben Ischinger das SPD-Parteivorstandsmitglied Niels Annen und mit Claudia Haydt (Informationsstelle Militarisierung) und Buchautor Clemens Ronnefeldt (Internationaler Versöhnungsbund) zwei entschiedene NATO-Kritiker. Es mache Sinn, dieses Streitgespräch zu führen, erklärte Haydt, denn die besseren Argumente seien auf der Seite der Kriegsgegner. Zu Beginn der Veranstaltung bekamen die Autonomen Gelegenheit, ihr Flugblatt gegen die Veranstaltung zu verlesen. Dann störten sie, noch bevor Ischinger ein erstes Mal zu Wort kam, die Veranstaltung durch Sprechchöre wie „Kein Dialog mit Kriegstreibern!“ und „Mörder, Mörder!“-Rufen derart massiv, dass sie unterbrochen werden musste. Nach kurzer Beratung lehnte der ATTAC-Koordinierungskreis mehrheitlich einen Vorschlag ab, den Fortgang der Veranstaltung durch die Polizei sichern zu lassen und stimmte ihrem Abbruch zu.

ATTAC hatte als Veranstalter keinen Zweifel daran gelassen, dass die Sicherheitskonferenz abzulehnen sei. In einem an das Publikum verteilten Papier erklärt die Organisation die „Sicherheitskonferenz“ für nicht reformierbar und fordert ihre Auflösung. Sie solle durch eine wirkliche und von der Völkergemeinschaft legitimierte Friedenskonferenz ersetzt werden, so ATTAC. „Die weit überwiegende Mehrzahl der Teilnehmer einer Friedenskonferenz müssen Experten und Befürworter ausschließlich friedlicher Strategien zur Konfliktlösung sein.“

Die Autonomen warfen dem globalisierungskritischen Bündnis in ihrem Flugblatt vor, Ischinger ein Forum für seine Propaganda zu bieten. Ischinger selbst äußerte später Verständnis für das Dilemma des Veranstalters und sagte, er sei weiterhin zu Diskussionen mit ATTAC bereit. Bei ATTAC München mehren sich unterdessen Stimmen, gemeinsame Aktionen mit Autonomen einzustellen. „Ich habe keine Lust, mit solch intoleranten Gruppen weiterhin gemeinsame politische Aktionen durchzuführen“, erklärte Almut Hielscher, Mitglied des Koordinierungskreises. Kritik kam auch von einem langjährigen Aktivisten des Bündnisses gegen die Sicherheitskonferenz. In einer persönlichen Erklärung stellte Walter Listl fest, ATTAC habe die Grenzen seines Handeins selbst zu bestimmen. „Wem diese Grenzen nicht passen, der soll sich nicht als brüllender Linienrichter an fremden Spielfeldrändern gebärden.“ Als „völlig indiskutabel“ bezeichnete der Sprecher des Kreisverbandes der Münchner Linken, Michael Wendl, die Störaktion der Autonomen. Rede- und Versammlungsfreiheit seien Grundlagen für die Arbeiterbewegung und dürften nicht angetastet werden, sagte er gegenüber junge Welt.

Den Artikel finden Sie unter: http://www.jungewelt.de/2009/07-O6/035.php, ©junge Welt 2009.


Münchner Lokalberichte 14 vom 9. Juli 2009, 8 f.