Materialien 1979

Brief an den Kultusminister von Bayern ...

Die Humanistische Union, Ortsverband München, protestiert gegen das vom Staatlichen Schulamt für den Bereich der Haupt- und Realschulen sowie der Gymnasien ausgesprochene Verbot des klassenweisen Besuchs des Theaterstückes „Was heißt hier Liebe?“ im Münchner Theater der Jugend sowie gegen das Verbot dieses Stück den Schülern zu empfehlen.

Es handelt sich hierbei um ein Aufklärungsstück, das zu sexuell verantwortungsvollem Denken und Handeln erziehen kann; abgesehen davon, dass es aufgrund dieser Eignung als Hilfe für den schulischen Aufklärungsunterricht bei Pädagogen anerkannt ist und im letzten Jahr mit dem Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet wurde, trägt es insbesondere zu dem in Art. 131 Abs. 1 der Bayerischen Verlassung geforderten Erziehungsziel – der Bildung von „Herz und Charakter“ bei, indem es die sexuelle Aufklärung gerade nicht auf die Vermittlung funktionaler Fakten reduziert. Den Bemühungen des Kultusministeriums um eine zu sozial verantwortungsvollem Handeln erziehende Sexualaufklärung in der Schule steht das o.e. Verbot entgegen.

Die Humanistische Union, Ortsverband München, fordert Sie daher auf, das Staatliche Schulamt umgehend zur Zurücknahme des o.e. Verbots zu veranlassen.

… und dessen Antwort (Auszug)

[…] Der Inhalt der zu besuchenden Veranstaltung muss zunächst mit den Bildungszielen der Schulen, mit den Lehrplänen und den Unterrichtslinien übereinstimmen. Im konkreten Zusammenhang ist insbesondere auf Art. 131 der Bayer Verfassung hinzuweisen, wonach die Schulen Herz und Charakter zu bilden haben und als oberste Bildungsziele unter anderem Achtung vor der Würde des Menschen. Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne vermitteln müssen. Darüber hinaus sind Bildungsziele aber auch die allgemeinen Wertvorstellungen der Verfassung, insbesondere das Gebot des Schutzes und der Förderung von Ehe und Familie. Für die bayerischen Volksschulen fordert Art. 135 der Bayer. Verfassung zusätzlich, dass die Kinder nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen werden müssen […]

Das Stück der Roten Grütze „Was heißt hier Liebe?“ erfüllt schon die Forderung nach Übereinstimmung mit den Bildungszielen und Lehrplänen nicht. Es verstößt vielmehr in krasser Weise gegen die sich daraus ergebenden Anforderungen. Es zerstört in seiner vulgär karikierenden Art menschliche Grundwerte. Das Stück propagiert das Recht auf Lust und auf Triebbefriedigung. Achtung und Verantwortung gegenüber dem Partner fehlen. Es zielt darüber hinaus auch auf eine Vernichtung oder Störung der Bindung zwischen Kind und Eltern. Es bemüht sich nicht darum, den Kindern und Jugendlichen Wertmaßstäbe zu vermitteln, so wie es von den genannten Verfassungsbestimmungen gefordert wird. Vielmehr dient es der Bedarfsweckung und Anleitung zu sexuellen Praktiken bei Jugendlichen. Die verwendeten Worte aus der Vulgärsprache sind zudem für einen Unterricht in keiner Weise geeignet. […]


Mitteilungen der Humanistischen Union 1 vom April 1979, 11.

Überraschung

Jahr: 1979
Bereich: Zensur

Referenzen