Flusslandschaft 1990

Atomkraft

Am 22. März wird der neuer Atomforschungsreaktor für Garching (FRM II) in der Presse angekün-
digt.

Anlässlich des vierten Jahrestages der Katastrophe in Teschernobyl tragen am Mittwoch, 25. April, unter dem Motto „Wir schliefen alle – Ach so gut!“ Dick Städtler und Helmut Ruge in der Schau-
burg – Theater der Jugend
, Franz-Joseph-Straße 47 in Schwabing Lyrik deutscher Dichter vom Barock bis zur Moderne vor. Am 26. April betreut die nach Tschernobyl gegründete Initiative Da-
vid gegen Goliath
Infostände auf dem Marienplatz. Nach der Kundgebung um 18.30 Uhr zieht eine Lichter-Demonstration über den Altstadtring.

Im April und Mai plakatieren die Mütter gegen Atomkraft (MgA) auf gemieteten Plakatwänden in den U-Bahnhöfen der Studentenstadt, am Marienplatz und am Sendlinger Tor eine Liste von 157 Störfällen bundesdeutscher Atomkraftwerke im ersten Halbjahr 1989, die sie mit Hilfe der Veröf-
fentlichungen des Bundesumweltministeriums zusammengestellt haben. In einem dunklen Ausriss heißt es ironisch „Es besteht zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung“.1 — Für ihre erfolgrei-chen Spenden– und Sammel-Aktionen zur Unterstützung der Kinder von Tschernobyl verteilen die MgA 35.000 Infoblätter und transportieren Medikamente, Vitamine und Spritzen für 30.000 DM, Messgeräte für 48.000 DM und Sachspenden im Wert von 30.000 DM nach Kiew und Minsk.

Wenn die meisten Münchnerinnen und Münchner den Tag ausklingen lassen, zu Abend essen, noch ein oder zwei Stündchen fernsehen, um sich dann zufrieden ins wohlige Bett zu begeben, beginnen an manchen Tagen auf den Gleisen der S-Bahn geheimnisvolle Rangier- und Transport-
täigkeiten. Näheres soll die Öffentlichkeit nicht erfahren – es könnten auch die Falschen sein, die informiert werden.1 Schon 1988 wurde der Verdacht laut, dass Atomtransporte auf Schienen durchs Münchner Stadtgebiet laufen. Der Münchner Stadtrat konnte seinerzeit Näheres dazu nicht in Erfahrung bringen.


1 Siehe Bilder der „störfall-listen“ von Cornelia Blomeyer.

2 Siehe auch „100.000.000.000.000.000 Becquerel am Ostbahnhof“ von Mechthild Kaufmann-Ott (ZAG Atomtransporte).

Überraschung

Jahr: 1990
Bereich: Atomkraft