Materialien 1977

„Brutal trommelten sie auf ihn ein“

Polizei-Terror in München

„Das Gesicht des jungen Mannes, der auf dem Boden lag, war blutverschmiert. Auf seinem Rücken kniete ein Polizist, die rechte Hand in die Haare des Wehrlosen verkrallt. Der Beamte riss den Kopf des Studenten hoch und knallte ihn auf den Boden, immer wieder! Fassungslos sahen sechs Frauen diese Szene, eine Amateurfotografin drückte heimlich auf den Auslöser und hielt die brutale Szene fest: Zwei Münchner Polizisten verprügelten einen Studenten, weil er bei einer Personenkontrolle erst die Dienstausweise der Beamten sehen wollte.“

Das berichtete die Münchner „Abendzeitung“ in ihrer Ausgabe vom 25. März. Was war geschehen? Der 24jährige Student Gerd B. besuchte in einer Münchner Galerie seine Freundin. Kurz nachdem er gegangen war, kam er zurück. Er zeigte auf einen ihm folgenden Polizeibeamten und sagte: „Die suchen wen“. Der Polizist forderte den Studenten auf, seinen Ausweis zu zeigen. Der aber verlangte erst die Dienstnummer des Beamten und zog dann seinen Ausweis aus der Tasche.

Eine Augenzeugin berichtet: „Da packte der Polizist meinen Freund am Arm. Er wollte ihn zum Ausgang zerren und rief: ,Sie sind festgenommen!’ Dann holte er einen zweiten Beamten. Die beiden warfen den Studenten zu Boden und traktierten ihn mit Schlägen. Gerd B. schrie immer wieder und krümmte sich am Boden zusammen. Während der eine Beamte versuchte, Gerd Handschellen anzulegen, kniete der andere auf dem Rücken und schlug Gerds Kopf immer wieder auf den Boden. Brutal trommelten sie auf ihn ein.“


Ein Polizist packt den Studenten am Kopf, reißt ihn an
den Haaren hoch und schmettert das Gesicht auf den Boden.

Dem Studenten lief das Blut übers Gesicht. Einige Frauen rannten auf die Straße und riefen um Hilfe. „Als wir zurückkamen, schleiften die Polizisten den Blutüberströmten zum Wagen und fuhren weg.“ Ein Kriminaldirektor rechtfertigte die Gestapo-Methoden seiner Polizisten: „Als die Beamten den Studenten angehalten hatten, verweigerte er ohne Antwort die Personalien. Daraufhin wurde ihm die Festnahme erklärt.“ Angeblich hatten die Polizisten einen Einbrecher gesucht.

München ist kein Einzelfall. Die Fälle, bei denen Jugendliche, Arbeiter und Studenten von der Polizei grundlos niedergeprügelt oder erschossen werden, häufen sich. In Hanau wird ein 14jähriger von einem Polizeimeister niedergestreckt. In Wilster werden friedliche Demonstranten gegen das Atomkraftwerk Brokdorf von einem Mobilen Einsatzkommando der Polizei (MEK) brutal misshandelt. Diese Polizeieinsätze sind ein Ausdruck für die zunehmende Faschisierung der Polizei und des gesamten Staatsapparates. Verkehrskontrollen und Durchsuchungen durch schwerbewaffnete Polizeibeamte sind für Autofahrer heute schon ein gewohnter Anblick. Die Werktätigen sollen dadurch eingeschüchtert und an die verstärkte Unterdrückung gewöhnt werden. Die Arbeiterschaft wird dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Am diesjährigen 1. Mai muss deshalb eine Forderung lauten: Kampf dem Abbau demokratischer Rechte! Gegen Notstandskurs und Faschisierung des Staatsapparates!


Rote Fahne. Zentralorgan des Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands – KABD 8 vom 13. April 1977, 2.

Überraschung

Jahr: 1977
Bereich: Bürgerrechte