Flusslandschaft 2011
Stadtviertel
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Tuschezeichnung von Michael Wittmann
Am 17. Mai findet eine Demonstration zum Erhalt der Schwabinger Sieben statt.2 Das Lokal in der Feilitzschstraße gilt als einer der letzten Orte, in denen das vergangene Schwabing überlebt hat. „Die Schwabinger 7, in der lange Zeit bis zur Körperverletzung gesoffen und geraucht wurde, ist ein Symbol geworden für das, was München und seinem Umland verloren geht: der Charme des Un-
fertigen, der Reiz des Verlebten, auch das notwendige Quantum an Hässlichkeit, das Schönheit erst ermöglicht. Alles Störende muss aus der Hochglanz-Kulisse operativ entfernt werden, es herrscht ein gnadenloser Veredelungswettbewerb. Baulücken und Brachflächen gibt es ohnehin kaum mehr, freie Grundstücke sind Mangelware, deshalb stürzen sich die Investoren auf die wenigen Flächen, die noch auf den Markt kommen – mit dem Resultat, dass immer weiter ‚nachverdichtet’ wird. – Es gibt Firmen, die bieten 10.000 Euro Belohnung nur für einen Tipp: Im Münchner Süden wer-
den auf diese Weise frei werdende Häuser gesucht, die man dann abreißen kann. So wie die frühere Osteria Santini in der Fraunhoferstraße, ein orangefarbener Flachbau mit legendärem Kastanien-
biergarten. Was nicht passt, wird passend gemacht – auch hier plant ein Premiumanbieter weitere Luxusappartements.“3 An der Stelle der Schwabinger Sieben soll ein Luxusprojekt mit 34 Woh-
nungen und einigen Läden im Erdgeschoss entstehen, das die „Hamburgische Immobilien Hand-
lung“ (HIH) errichtet. Die Gegnerinnen und Gegner des Neubaus finden im Bezirksausschuss kei-
ne Unterstützung. Bärbel Häfele von der SPD meint, auf die Schwabinger Sieben könne man ver-
zichten: „Das ist eine Absackerkneipe mit nikotinvergilbten Wänden.“4 – Am 7. Juni zieht ein De-
monstrationszug unter dem Motto „Rettet die Münchner Freiheit“ vom Odeonsplatz zur Münch-
ner Freiheit. Für den 28. Juni ist ein Lichterzug durch Schwabing geplant.5
Auf dem Grund der Alten Ziegelei in Oberföhring sollen 350 Wohnungen entstehen. Proteste ver-
suchen dies zu verhindern. Im Dreimühlenviertel protestieren AnwohnerInnen gegen den geplan-
ten achtstöckigen „Sperr-Riegel“ auf dem alten Rodenstock-Grundstück.
Im Münchner Norden gibt es Streit. BMW übt Druck aus. An der Schleißheimer Straße steht das Forschungs- und Innovationszentrum der Firma. Die Stadt müsse für den Münchner Norden ein Verkehrskonzept entwickeln. Die Stadt plant entweder einen Autobahnzubringer, der von der Schleißheimerstraße über die Augustin-Rösch-Straße und Georg-Zech-Allee mit Kreisverkehr an der Eberwurzstraße als Staatsstraße 2342 durch Feldmoching zum Autobahndreieck Feldmoching führen soll oder die Verlängerung der Schleißheimer Straße mit Hilfe eines Tunnels unter dem Hartelholz zur A 99. Die Anwohnerinnen und Anwohner befürchten mit den geplanten Ausfallstra-
ßen das Schlimmste. Schon jetzt wälzen sich Automassen in der Zeit des Berufsverkehrs durch die Viertel.6
Das seit über zwanzig Jahren tätige Selbsthilfezentrum in der Westendstraße 68 im Westend vernetzt Initiativen und Gruppen. Zur Zeit aktive Projekte findest Du unter www.shz-muenchen.de, hier: „Gruppen“, hier: „Nachbarschaft und Stadtteil“ sowie „Wohnen“. — Den seit 1892 existierenden Mieterverein findest Du unter www.mieterverein-muenchen.de.
Siehe auch „Umwelt“.
1 Privatsammlung
2 Siehe „Zeit neuer Proteste?“ von Karl Stankiewitz.
3 Christian Mayer, Protest gegen Neubauprojekte. Die große Bau-Wut in: www.sueddeutsche.de/muenchen/protest-gegen-neubauprojekte-die-grosse-bau-wut-1.1104591.
4 Münchner Samstagsblatt 22 vom 4. Juni 2011, 5.
5 Siehe www.muenchens-freiheit.de.
5 Siehe www.strassenaffe.de.