Materialien 2011
Ende der Olympiade – der indigene Widerstand geht weiter
München, das sich um die Winterspiele 2018 bewirbt, empfängt heute die deutschen Athleten, die an den Olympischen Winterspielen Vancouver 2010 teilnahmen. Wenn sich noch einmal die Olym-
piateilnehmer im Glanz ihrer Erfolge feiern lassen wollen, sind die Völker, auf deren Land die Win-
terspiele 2010 stattfanden, bereits wieder ins Abseits gedrängt. Wenngleich Kanada den Medail-
lenspiegel der Winterspiele Vancouver 2010 anführt, hat das Land sicher keine Goldmedaille für seine Politik gegenüber den indigenen Völkern verdient.
Der Werbetrick, sich vier indigener Nationen als offizielle „Four Host First Nations“ zu bedienen, ist nur eine schäbige Augenwischerei, um von den wahren Problemen abzulenken. Ein paar Federn und ein bisschen Indianertanz können nicht über die diskriminierende Politik der kanadischen Regierung gegenüber den indigenen Völkern hinwegtäuschen.
Kanada wurde von der internationalen Gemeinschaft und den Gremien der Vereinten Nationen wiederholt für seine Indianerpolitik gerügt, doch die offiziellen Vertreter verschanzen sich hinter einem selbstgebastelten Klischee eines weltoffenen und toleranten Landes, das seine vermeintliche Toleranz jedoch schnell vergisst, wenn es sich um knallharte Ressourcenausbeutung handelt.
Auch die Geschäftemacher des IOC scheuten sich nicht, die Kultur und das intellektuelle Eigentum der indigenen Völker Kanadas auszubeuten, indem es vermeintliche „indianische“ Souvenirs gar im menschenrechtsverachtenden China fertigen ließ. Selbst das Logo der Olympischen Winterspie-
le 2010 ist von den Inuit geklaut, die niemals in British Columbia, der Provinz des Austragungsor-
tes Vancouver, lebten. Doch wer gegen die rigorose Geschäftemacherei protestiert, wird ohnehin nur als Spielverderber diskreditiert.
Kanada missachtet die Landrechte der indigenen Völker und zerstört ihre Lebensgrundlagen durch Kahlschlag, Ölförderung, Fischfarmen oder Uranabbau (auch für deutsche Atomkraftwerke). Darü-
ber hinaus verweigert sich die Regierung ihrer Verantwortung gegenüber der Geschichte. Während wir in Deutschland über den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Kirchenvertreter diskutie-
ren, leiden noch heute Tausende Indigener unter den Folgen des Jahrzehnte langen Systems der Residential Schools in Kanada, das zu zahlreichen Todesfällen und zur Traumatisierung von drei Generationen der Indigenen führte. Die Entschuldigung von Kanadas Premier Stephen Harper im Sommer 2008 über „vergangenes“ Unrecht an den Indigenen ist blanker Zynismus, solange sich die Politik nicht ändert. Doch Harper drückt sich bekanntlich ohnehin gern vor der Lösung von Problemen, u.a. indem er regelmäßig das ganze kanadische Palament in den Zwangsurlaub schickt, wenn er nicht mehr weiter weiß.
Kanada war eines von nur vier Ländern, welche die von der UN-Vollversammlung im September 2007 verabschiedete UN-Deklaration der Rechte der Indigenen Völker ablehnte. Wir verlangen von Kanada die umfassende Anerkennung der indigenen Rechte und die Unterzeichnung der UN-
Deklaration.
Der Spielverderber ist Kanada –- nicht die indigenen Völker, die gegen die Missachtung ihrer Rechte protestieren. Die Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte unterstützt den Widerstand der indigenen Völker und verlangt die vollständige Anerkennung ihrer Rechte.
Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.