Flusslandschaft 2011

StudentInnen

Etwa 1.000 Studierende fordern bei einer Demonstration am 26. Mai die Abschaffung von Stu-
diengebühren. Die hochschulpolitische Sprecherin der Landtags-SPD, Isabell Zacharias, prophe-
zeit: „Bei der nächsten Wahl wird das schwarz-gelbe Gesocks abgewählt. Dann schaffen wir auch die Kita-Gebühren ab. Denn von früh bis spät: Bildung muss kostenlos sein.“ Mit Transparenten wie „Saarland, Hessen, NRW – Bayern pennt wie eh und je“ macht sich der Zug auf den Weg über die Staatskanzlei zum Marienplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfindet. Tage später protestie-
ren CSU-Politiker gegen den Begriff „Gesocks“.

Vom 13. bis 17. Juli findet zum dritten Mal auf dem Geschwister-Scholl-Platz das Bildungscamp statt. Auch hier wird gegen DozentInnenmangel, Leistungsdruck und Studiengebühren, die nur noch in zwei Bundesländern erhoben werden, protestiert.1

17. November, 9.30 Uhr: Bildungsstreikdemo unter dem Motto „Widerstand bilden – in München, Europa und weltweit“, Auftaktkundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz. Etwa 3.000 Men-
schen ziehen zur Schlusskundgebung auf den Odeonsplatz. Von hier ziehen 150 Personen in einer Spontandemonstration in Solidarität mit den geräumten Besetzungen in anderen Städten zur Aka-
demie der Bildenden Künste, besetzen daraufhin den Hörsaal B101 in der Uni und gehen erst vor der unmittelbar bevorstehende Räumung durch die Bereitschaftspolizei.2


1 „… Die unternehmerische Hochschule ist, zugespitzt, nichts als ein Faktendiscounter, in dem jeglicher Gedanke an Ver-
mittlung in den als exzellent ausgepreisten und sorgfältig drapierten Forschungshäppchen ausgetrieben ist. Komplettiert wird das alles von einer Organisation der Lehre, die Forschungsprodukte zum einpauken und einpacken anbietet und dabei die qualitative Zeit bildungsgeschichtlicher Prozesse vollends still stellt. Solche Verdinglichung ist Negation jeglichen Pro-
zesses und nichts anderes als Verkündung der Unwahrheit, die, da sie Gesellschaft als gesellschaftlichen Prozess nicht mehr begreifen kann, das Bestehende als ewige Notwendigkeit perpetuiert. Darum sind die Wissenschaften an der Entwirkli-
chung der Welt beteiligt, indem sie das, was bar jeder Notwendigkeit ist, aufrechterhalten, und jeglichen Gedanken an die Notwendigkeit der Veränderung verhindern. Da nun nur in der qualitativen Zeit der bildungsgeschichtlichen Reflexion die Möglichkeit liegt, Erfahrungen im emphatischen Sinne zu machen und damit einen Bruch mit der Spirale von Angst und Sehnsucht nach Autorität zu erzeugen, der über sich selbst hinausweist, müsste die Unterwerfung unter die leere Zeit als der Zwang kritisiert und bekämpft werden, der er ist. Die Nichtexistenz einer gesellschaftsverändernden Kraft, die der In-
version der Zeit, die zur autoritären Implosion der Gesellschaft führt und die Irrationalität als reine Notwendigkeit setzt – was der tiefere Grund für die verschiedenen beobachtbaren Formen eines postmodernisierten Protofaschismus in Europa ist – etwas Wirksames entgegensetzen kann, darf nicht zur Aufgabe der letzten Möglichkeiten von Kritik führen. Vielmehr wären die Turmuhren zu suchen, die kaputt zu schießen wären, um wenigstens symbolisch die negative Zeitspirale zu bre-
chen.“ Daniel Keil: „Unwirkliche Post-Moderne — kapitalisierte Zeit und die Vernichtung der Abweichung“ In: Diskus. Frankfurter Student_innen Zeitschrift vom Dezember 2011, 44.

2 Siehe https://linksunten.archive.indymedia.org/node/50445/index.html.

Überraschung

Jahr: 2011
Bereich: StudentInnen