Flusslandschaft 1963
Medien
Der in München wöchentlich erscheinende Simplicissimus behauptet von sich, die augenblickli-
chen Zeitläufte kritisch zu beleuchten. Tatsächlich reiht er sich ein in die vorherrschende rassisti-
sche, sexistische, antigewerkschaftliche und antikommunistische Stimmungslage. Wenige Ausnah-
men bestätigen die Regel. Direkte Kritik scheint unmöglich, Autoren sprechen deshalb „durch die Blume“, so Siegfried Grundmann, der Jahre später ein wichtiges Mitglied im Münchner Werkkreis Literatur der Arbeitswelt wird.1 Eine Begründung für seine Haltung liefert das Blatt selbst: „… Auch der Laie muss schließlich wissen, dass unsere halbpfündigen Zeitschriften (Auflage: 1 Milli-
on) nicht von den siebzig Pfennigen ihrer Leser leben können (von denen nur 42 beim Verlag an-
kommen), sondern nur von den offenen Brieftaschen der Inserenten, die Woche für Woche ein bis zwei Millionen (Millionen!) DM auf den Zahltisch der Anzeigenabteilungen blättern – wofür sie selbstverständlich am Ende nicht noch angepflaumt werden wollen …“2 Tatsächlich nimmt die Kritik am Blatt zu, Abonnentenzahlen gehen zurück. Grundsätzlich will die Redaktion an der Aus-
richtung der Zeitung nichts ändern, lässt aber das Blatt ab Januar 1964 nur noch an jedem zweiten Dienstag im Monat erscheinen.
(zuletzt geändert am 13.11.2019)
1 Siehe „Rehalitäten“ von Siegfried Grundmann (14.7.1924 Langenbielau – 11.3.2014 München). Grundmann beendete seine berufliche Laufbahn als Korrektor der Süddeutschen Zeitung. Einmal ritt ihn der Druckfehlerteufel. Aus dem Vorsitzenden des Naturschutzbundes Weinzierl machte er einen „Bierzierl“.
2 Simplicissimus 48 vom 1. Dezember 1963.