Flusslandschaft 1995
Tierschutz
Ostersamstag, 15. April: Die Autonome Aktionsgruppe Chicken Mc Happy kippt in der McDo-
nalds-Filiale im Tal Schnellzement in die Toiletten. Schließlich drehe die Burger-Kette Tag für Tag 500 Rinder durch den Fleischwolf.
Montag, 24. April, 11 bis 17 Uhr: Am „Internationalen Tag des Versuchstieres“ demonstriert ani-
mal 2000 auf dem Marienplatz gegen „unmoralische und unethische Tierversuche“. „Der Medizi-
ner Walter Schmidt berichtete davon, daß ein Großteil der Tiere aus Wildgehegen in Fernost stamme. Lufthansa sei an dem ,Millionengeschäft Tierhandel’ beteiligt. Die Fluggesellschaft transportiere vor allem Affen in 40 auf 50 Zentimenter großen Boxen ohne Wasser und Nahrung nach Deutschland. Nach bis zu 60 Stunden Transportzeit seien viele Tiere am Zielort verendet. Schmidt forderte die Bürger zum Boykott der Airline auf. Zu den Tierversuchen an wissenschaftli-
chen Einrichtungen sagte er: ,Deren Ergebnisse sind irreführend.‘ Das habe nicht zuletzt die Aids-
forschung gezeigt. Heute würden Ärzte unumwunden zugeben, daß Abertausende von Affen um-
sonst geopfert worden seien, nachdem man festgestellt habe, daß sie an dem Virus nicht erkranken könnten.“1
Freitag, 19. Mai: »Die Jagd soll im Museum verschwinden – „Ich bin nichts, ich kann nichts, ich hab’ einen Jagdschein“, „Im Wald bin ich der größte Stecher“ oder „Der Jäger liebt die Natur und der Vergewaltiger sein Opfer“. Mit solch heftigen Sprüchen waren die Plakate und Spruchbänder beschrieben, die Tierschützer am Marienplatz in die Höhe hielten. Das Bündnis Bayerischer Tier-
rechtsorganisationen, dem zahlreiche Tierschutzgruppen angehören, hatte jetzt zur Protestaktion „Jagd und Jäger ins Museum!“ aufgerufen und schnell einen dichten Kreis an aufmerksamen (teils betretenen) Zuhörern um sich geschart. Nach Angaben der Tierrechtler – die sich zum Teil als Füchse mit blutigen Pfoten, Jäger und Steinzeitmenschen verkleidet hatten – fallen jedes Jahr allein in Bayern rund 485.000 Wildtiere der Jagdlust zum Opfer; jährlich werden rund 35.000 Hunde und 300.000 Katzen bundesweit von Jägern getötet. Redner forderten, „endlich mit dem Mythos des Jägers als Tier- und Naturschützer Schluß zu machen“. Dieses sei Heuchelei: „Jagd ist Lust am Töten.“ Im Anschluß an die Veranstaltung auf dem Marienplatz formierten sich die Tier-
schützer zu einem Demonstrationszug, der beim Jagdmuseum endete. Bar«2
Zwei Mitglieder von Animal Peace (AP) ketten sich nackt neben dem Kachelkäfig von Gorilla Porgy im Tierpark Hellabrunn an der Tierparkstraße 30 an. Sie protestieren gegen dessen inzwischen schon zwölf Jahre andauernden Freiheitsberaubung.
Samstag, 7. Oktober: Die Tierversuchsgegner Animal 2000 protestieren gegen Tiertransporte. Die Abschlußkundgebung findet um 11 Uhr auf dem Stachus statt.
Dienstag, 10. Oktober, 19.30 Uhr: Galapremiere des Moskauer Staatszirkus im ehemaligen Contai-
nerbahnhof an der Hackerbrücke. Nach der Pause will Nikolaj Pawlenko die Dressur seiner sech-
zehn Tiger präsentieren, da stürmen zehn AP-Aktivisten vor das Raubtiergitter und rufen: „Alle Tiere raus aus dem Zirkus!“ Die Zuschauerinnen und Zuschauer sind ob dieser unverschämten Störung in heller Aufregung.
(zuletzt geändert am 17.8.2025)
1 Süddeutsche Zeitung 95 vom 25. April 1995, 39.
2 Süddeutsche Zeitung 116 vom 20./21. Mai 1995, 35.