Materialien 1961

Dachau 1961: Pèlerinage gegen Faschismus trotz CSU-Kesseltreibens

Die einen nannten es „Europäische Pilgerfahrt“ oder „Europäisches Freundschaftstreffen“, die anderen „Pèlerinage“, heute hieße es wohl „Demo“: Ende Juni 1961 kamen fast 2.000 TeilnehmerInnen, vorrangig Jugendliche, aus 15 Ländern in das frühere Konzentrationslager Dachau. Die Manifestation gegen Faschismus fand statt — obwohl die CSU und ihr nahe stehende Presseorgane dieses zuvor massiv zu verhindern versucht hatten.

Rückblende: Es war die Zeit, als Hans Globke, der 1936 den offiziellen Kommentar zu den Nürnberger Rassengesetzen geschrieben hatte, Kanzleramtschef und wichtigster Berater des ersten Nachkriegskanzlers Konrad Adenauer (CDU) war. Es war die Zeit, als rechtsextreme Jugendorganisationen wie die „Wikingjugend“ und die „Stahlhelmjugend“ zugelassen wurden. Franz Josef Strauß stand kurz vor seinem Sprung an die CSU-Spitze. Damals ergriff das Internationalen Dachau-Komitee die Initiative zur internationalen Pèlerinage in das frühere KZ und einem Colloquium zwischen Jugendlichen und Widerstandskämpfern. Als Mitorganisator wurde der Bayerische Jugendring gewonnen. Gemeinsames Ziel war es, den Ermordeten von Dachau zu gedenken und eine Diskussion über die Wurzeln des Faschismus anzustoßen.

Ein Dorn im Auge der CSU: Zunächst versuchte der Münchner Stadtrat Franz Xaver Fackler, die Teilnehmer als „Kommunisten oder mit dem Kommunismus sympathisierend“ zu denunzieren. Der „Münchner Merkur“ und die „Passauer Neue Presse“ verlangten dann für kommunistische Dachau-Häftlinge und Jugenddelegationen aus Osteuropa eine Beschränkung der Meinungsfreiheit. Als der Jugendring von seinem Vorhaben nicht abrückte, kam es im Bayerischen Landtag zu einem Verbotsantrag gegen das Dachau-Treffen.

Auf den heftigen öffentlichen Druck hin schlug der Jugendring dann eine Verschiebung des Treffens vor. Zugleich bekräftigte er jedoch seine Ansicht, „dass eine Begegnung zwischen ehemaligen Dachau-Häftlingen aus ganz Europa und der jungen Generation möglich und notwendig ist“. Ein polnischer Teilnehmer der Pèlerinage resümierte: „Die Pilgerfahrt fand statt, aber leider ohne den Bayerischen Jugendring. Wir waren in Dachau — wir Vertreter der Jugend Europas — und mit unserer Anwesenheit haben wir nochmals unsere Bereitschaft zur Diskussion und unser Sorge über die Entwicklung in der Bundesrepublik zum Ausdruck gebracht“.


http://www.ravensbrueckblaetter.de/alt/schwerpunkte/dachau/dachau.html.

Überraschung

Jahr: 1961
Bereich: Gedenken