Materialien 1985

streikrecht verteidigen


antifaschistische rundschau 1 vom Januar 1986, 1.

„Die Nazis haben die Gewerkschaften verboten. Diese Regierung will sie ausbluten.“ So stand es auf dem Umhängeschild, das unser Kamerad Rudi Stescal auf einer Demonstration des DGB gegen die Änderung des § 116 AFG trug. (Siehe Titelbild ar 1/86.) Die Redaktion der Gewerkschaftszei-
tung „metall“ fand das so treffend, dass sie ein Foto mit der Losung auf der ersten Seite einer Son-
dernummer abdruckte. Da schossen die Getroffenen aus allen Rohren. Graf Lambsdorff: „Ehren abschneiderisch und verleumderisch.“ Bundesarbeitsminister Blüm: „Schmierfinken, Klassen-
kämpfer .“ Die CDU geiferte: „Schmierereien eines Irrläufers.“

„Irrläufer?“ schrieb Rudi Stescal an die IG Metall in München. „Zunächst lasse ich es als Rentner gelassen angehen. Gelassen, aber konsequent. Das habe ich mir 1933 geschworen. Damals war ich als Gewerkschafter und Sozialdemokrat dabei, das Münchener Gewerkschaftshaus gegen die Nazis zu verteidigen. Nazis und das mit ihnen verbundene Großkapital waren stärker. 1945 haben sich Sozialdemokraten, Kommunisten, parteilose Gewerkschafter geschworen: Wehret den Anfängen! Genau darum geht es jetzt!

Die jetzige Bundesregierung kann nicht mit den Nazis gleichgestellt werden. Ich will sie auch nicht mit ihnen vergleichen. Aber CDU, CSU und FDP können es drehen und wenden, wie sie wollen: Mit der geplanten Änderung des AFG § 116 sollen die Gewerkschaften kampfunfähig gemacht, fi-
nanziell ausgeblutet werden. Nicht meine Losung gibt Anlass zum Protest, sondern die gewerk-
schaftsfeindliche Politik der Bonner Regierungskoalition. Das Streikrecht muss voll erhalten blei-
ben, die verfassungswidrige Aussperrung gehört gesetzlich verboten.“


antifaschistische rundschau 2 vom Februar 1986, 4.