Flusslandschaft 1985
Wiedergutmachung/Entschädigung
Zweierlei Maß: „Blutrichter“ Roland Freisler war seit August 1942 Präsident des sogenannten „Volksgerichtshofs“, des höchsten Gerichts des NS-Staates für politische Strafsachen, verantwortlich für unzählige Todesurteile. Anfang 1985 wird bekannt, dass seine Witwe seit 1974 zusätzlich zu ihrer Rente eine „Schadensausgleichsrente“ erhält, da, so die Argumentation des Versorgungsamtes München I und des Landesversorgungsamtes, im Falle Freisler unterstellt werden müsse, dass er, wenn er den Krieg überlebt hätte, als Rechtsanwalt oder Beamter des höheren Dienstes hohe Einkommen erzielt hätte. Die Abendzeitung recherchiert, dass der bayrische Staat Mitte der 70er Jahre aus öffentlichen Geldern eine sechsstellige Sunmme an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gezahlt hat, um Freislers Witwe die Zusatzrente zu sichern. Andererseits verhalten sich die Versorgungsämter seit Jahrzehnten gegenüber NS-Verfolgten, deren Witwen und natürlich gegenüber Opfern der Freisler-Justiz äußerst knauserig, vor allem, wenn sie während des Kalten Krieges als Kommunisten tätig oder der „kommunistischen Wühlarbeit“ verdächtig waren. Die Empörung bei den Verfolgtenorganisationen ist groß.