Materialien 1982

Was sind uns Menschenrechte noch wert ...

was unser Grundgesetz, unsere Demokratie, wenn Herr Hans Stützle, Sozialreferent der Landeshauptstadt Bayerns ein offen rassistisches, frauenfeindliches Papier veröffentlichen kann?

Welche Atmosphäre macht das möglich? Was haben deutsche Demokraten und Antifaschisten alles hingenommen, dass ein Mann wie Stützle ein so wichtiges öffentliches Amt überhaupt bekleiden darf.

Es ist nichts anderes als Rassismus, wenn Stützle mit Chaunu für den „Generationsersatz der weißen Rasse“ als der „ältesten und strahlendsten Zivilisation, die sich je in der Raumzeit verwirklicht“ habe, die „Berufslaufbahn kinderreiche Familie durch Bezahlung (der Mütter) auf der Basis eines durchschnittlichen Facharbeitereinkommens“ propagiert, damit sich „das übrige Volk sogar seinen Familienplan … mit ihren dürftigen Familien von 1 und 2 Kindern gestatten“ könne.

Wenn Menschenfreund Stützle die Überfremdung Münchens fürchtet, so auch deswegen, weil es so seinen „Beitrag zur Ernährung und Entwicklung der … dritten Welt nicht mehr leisten …“ könne, „weil unsere abendländische Kultur und Zivilisation ohne ausreichenden Nachwuchs zusammenbrechen muss.“

Wie niedlich, wenn man einerseits bedenkt, welch erheblichen Beitrag das Kapital unserer Industrienationen zum unterentwickelten Status der Länder der dritten Welt leistet und geleistet hat und andererseits in welch erheblichem Maße „Entwicklungsländer“ zu unserem Wohlstand mehr oder weniger freiwillig beitragen.

Dass Herr Stützle bereit ist, sein nunmehr öffentlich rassistisches Denken in die Tat umzusetzen, zeigt die gegenwärtige Praxis der Vergabe von Sozialwohnungen in München; zeigt die Durchführung von Kontrollen der Stadt München in ausländischen Haushalten daraufhin, ob auch 12 Quadratmeter Wohnraum pro Kopf gewährleistet sind. (Ausl.gesetzgebung Herbst 81)

„Der Experte spricht nicht vom Wettrüsten. sondern vom Geburtenrückgang der weißen Rasse“, weiß Herr Stützle zu berichten.

Ganz richtig, Herr Stützle, gerüstet wird auch ohne ihr Zutun. Es ist an der Zeit, unter der Bevölkerung in Deutschland die Stimmung und Situation zu schaffen, die den Krieg endgültig möglich macht. Die Rüstung allein tut es nicht. Wir brauchen Kanonenfutter und vaterländisches Denken. Das steht an. Für Sie, Herr Stützle, aber nicht für uns!

Dass Herr Stützle äußerst fragwürdige Literatur tatkräftig unterstützt, bewies er, indem er einen Antrag der Jugendamtsleitung, das Buch „Ich war dabei“ von Franz Schönhuber auf den Index für jugendgefährdende Schriften zu setzen, zu Fall brachte.


Deutscher Freidenkerverband e.V. Ortsgruppe München, Veranstaltungs-Programm 1983, München 1982, 14.

Überraschung

Jahr: 1982
Bereich: AusländerInnen