Materialien 1987
Tag der Geistesfreiheit 1987
Zum diesjährigen Tag der Geistesfreiheit sollen die Militarisierungstendenzen in der BRD, insbe-
sondere deren Auswirkungen in Oberbayern beleuchtet werden. Am Montag (11.5.) liegt bei unse-
rer Abendveranstaltung der Schwerpunkt auf der Militärseelsorge als Teil der psychologischen Aufrüstung, zu der traditionsgemäß die Kirchen immer schon ihren wirkungsvollen Beitrag gelei-
stet haben. Einige Kostproben aus den Kriegspredigten, die Kardinal Faulhaber im 1. Weltkrieg gehalten hat, verdeutlichen den ungebrochenen Zusammenhang von damals und heute.
Der Referent des Abends ist Gerhard Ramp, der Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit in Augsburg.
Die Samstagsfahrt leitet Frieder Köllmayr (bitte Anmeldungsregelung beachten).
Das Thema Militärseelsorge zeigt wie kein anderes die Verfilzung von „Thron und Altar“. Schon die Entwicklung der verfassungsrechtlichen Grundlagen auf dem Wege von der Weimarer Reichsver-
fassung zum Bonner Grundgesetz lässt aufhorchen: Aus einem Recht auf Religionsfreiheit wird für den Soldaten eine Pflicht zur Religionsausübung, zur christlichen versteht sich.
Die Hauptarbeit der Militärpfarrer besteht in der Erteilung von Lebenskundeunterricht, indem ge-
mäß Dienstvorschrift vom 5. November 1959 sittliche Fragen behandelt werden sollen. Der Unter-
richt hat die Aufgabe, dem Soldaten Hilfen für sein tägliches Leben zu bieten und damit einen Bei-
trag zur Förderung der sittlichen, geistigen und seelischen Kräfte zu leisten, die „mehr noch als fachliches Können den Wert des Soldaten bestimmen“. Er soll dem einzelnen Soldaten Quellen zei-
gen, die dem Leben Sinn geben und zu Ordnungen hinführen, durch die die Gemeinschaft lebens- und damit verteidigungswert wird.
Die Hauptschwierigkeit, gegen die eindeutige Verfassungswidrigkeit der Militärseelsorge vorzuge-
hen, besteht darin, dass sie durch einen völkerrechtlich bindenden Vertrag, nämlich durch das Hit-
ler-Konkordat von 1933 abgesichert ist. Dadurch erhält die Militärseelsorge eine besonders maka-
bre Note: Verfassungsbruch, praktiziert und abgedeckt durch den ersten völkerrechtlichen Vertrag, der dem Hitlerfaschismus den Weg ebnen half. Dieser Vertrag allein beweist schon die Mitschuld der katholischen Kirche und ihres damaligen Papstes, Pius XI., am Erstarken des deutschen Fa-
schismus.
Antimilitaristische Rundfahrt durch unser schönes Oberbayern
Unser Mai-Ausflug geht in unsere schöne bayerische Heimat – und „Heimat“ ist doch das, womit die größte bayerische Partei ihre Wahlkämpfe erfolgreich zu bestreiten pflegt und was der neue Kultusminister Zehetmair zum fächerübergreifenden Motto für das nächste Schuljahr verkündet hat.
Und so wollen wir uns bei unserem ganztägigen Bus-Ausflug in unser schönes Oberbayern diese CSU-Heimat einmal etwas anders und genauer anschauen: das durch Tiefflieger unbekannter Her-
kunft erst vor kurzem zum Einsturz gebrachte Kirchlein St. Koloman bei Starnberg, die Flint-Ka-
serne (von außen) in Bad Tölz, wo die berüchtigten Rucksack-Atomminen ihre „Heimat“ haben, nach Oberammergau, wo die sogenannten Freiheitskämpfer für Afghanistan vom CIA ausgebildet werden, bis zu den Atomraketen bei Landsberg, denn der Lech ist die offizielle Grenzlinie für den Atomkrieg; das Vorland, eben Oberbayern, wird nach den NATO-Strategien sowieso abgeschrie-
ben.
Abfahrt 8.30 Uhr (pünktlich!) ab dem „Busbahnhof“ an der Nordseite des Münchner Hauptbahn-
hofs. Teilnehmergebühren: DM 30,- (Schüler, Studenten, Auszubildende usw. DM 20,-) Anmel-
dung: (möglichst schriftlich) bei Frieder Köllmayr, Kraelerstraße 10, 8 München 70, Tel. 725 45 58.
Freidenkerinfo vom Mai 1987, 5 f.