Materialien 2011

Frau Hübner wollte sich heute die occupy munich-Bewegung angucken …

… deswegen informierte sie sich im Internet, um zu sehen, ob heute okkupiert werden sollte. Und siehe da: 19. November, Odeonsplatz. Über den kleinen Kalender rechts unten auf dem Bildschirm ihres PCs vergewisserte sie sich, dass heute auch wirklich der 19. November ist.

Nonstop ging’s mit der U3 von Sendling zum Odeonsplatz. Auf den letzten Metern des Bremsvorgangs der U-Bahn sah Frau Hübner einen a.i.d.a.-Mitarbeiter mit einer Filmkamera, der anscheinend in den Waggon steigen wollte, aus dem sie gerade raus wollte. Gewissenhaft konspirativ flüsterte der a.i.d.a.-Mitarbeiter Frau Hübner zu: „Die Nazis sind in der Studentenstadt“. Frau Hübner dachte sich „Ist mir doch wurscht, wo die blöden Nazis sind“. Das sagte sie dem engagierten a.i.d.a.-Mitarbeiter aber nicht. Stattdessen teilte sie ihm mit, dass sie zum Odeonsplatz wolle. Schließlich traf sich dort die occupy munich-Bewegung. Beim zum Ausgang-Stiefeln sah Frau Hübner wie ungefähr 20 Autonome in einen anderen U-Bahn-Waggon einstiegen. Vielleicht sieben PolizistInnen schlossen sich ihnen spontan an. Frau Hübner dachte über die Farbkombination Schwarz-Grün nach.

Oben auf dem Odeonsplatz war das übliche Touri-Getümmel, aber keine Protestveranstaltung. Frau Hübner wunderte sich. Die Veranstaltung sollte von 12 bis 15 Uhr stattfinden. Es war kurz nach eins. Sie sah Polizisten und einige junge Menschen aus der linken und autonomen Szene. Sollte alles schon vorbei sein? Frau Hübner wandte sich an einen SDAJler. Der wusste nichts von einer occupy munich-Protestveranstaltung, bestätigte aber, dass heute der 19. November wäre. Was er noch wusste, war, dass nebenan – auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus – einen Anti-Nazi-Protestveranstaltung stattfand. Irgendwoher kam noch die Information, dass der Nazi Wiese verhaftet worden wäre.

Frau Hübner wanderte also zum Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Dort standen die, mit denen sie gerechnet hatte. Die üblichen Transparente, Hoch-halt-Schilder usw. Nur Günter Ketterl fehlte. Frau Hübner fragte einen von der DKP-Freidenkerverband-BündnisgegenKriegundRassismus, ob das stimmen würde, dass der Nazi Wiese verhaftet worden wäre. Der konnte nichts dazu sagen.

Frau Hübner drehte noch eine Pirouette auf dem linken Absatz und ging. Erst zu einer Verabredung mit einem freundlichen und lieben Mann zum Kaffee- und Heiße-Zitrone-Trinken. Dann nach Hause.

Dort las sie im Internet, dass die occupy munich-Protestveranstaltung am 19. November von 12 bis 15 Uhr auf dem Orleansplatz stattgefunden hatte.


zugesandt am 21. November 2011.

Überraschung

Jahr: 2011
Bereich: Finanzkrise