Materialien 2003
Rote Hilfe
Die Rote Hilfe e.V. ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation. Die Rote Hilfe unterstützt nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Weltanschauung, die in der BRD auf Grund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der Arbeiterbewegung, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische oder gewerkschaftliche Kampf und der Kampf gegen die Kriegsgefahr. Unsere Unterstützung gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren, Berufsverbote erhalten, vor Gericht gestellt oder zu Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige Nachteile erleiden.
Darüber hinaus gilt die Solidarität der Roten Hilfe den von der Reaktion Verfolgten in allen Ländern der Erde. (§2 der Satzung der Roten Hilfe) Mittlerweile sind fast 5.000 Menschen in der Roten Hilfe organisiert, und die aktive Arbeit wird von fast 40 Orts- und Regionalgruppen getragen. Damit ist die Rote Hilfe innerhalb der letzten Jahre zu einer der mitgliederstärksten Organisationen der Linken geworden. Die Mitglieder kommen aus den unterschiedlichsten Teilbereichen der Linken in der BRD, z.B.
• aus der kommunistischen, sozialistischen, anarchistischen Bewegung,
• aus der Friedensbewegung und dem antimilitaristischen Spektrum,
• aus der Anti-Atom- und Anti-Castor-Bewegung,
• aus internationalistischen und antiimperialistischen Zusammenhängen,
• aus der Ökologie- und Umweltbewegung,
• aus Rechtshilfegruppen sowie BürgerInnen- und Menschenrechtskreisen,
• aus der antifaschistischen Bewegung,
• aus der feministischen Bewegung und aus FrauenLesben-Zusammenhängen,
• aus antirassistischen Zusammenhängen und der Flüchtlingsbewegung,
• aus den Gewerkschaften,
• aus Arbeits- und weiteren vielfältigen sozialen Kämpfen.
Es ist der Roten Hilfe gelungen, dem strömungsübergreifenden Charakter der Organisation gerecht zu werden und zu beweisen, dass auf einer solchen Basis gemeinsam politisch agiert werden kann.
Solidarität ist eine Waffe
Eine bundesweit vernetzte Organisation wie die Rote Hilfe bietet die Möglichkeit, durch Überblick und Vergleich Repressionsmaßnahmen zu analysieren (z.B. in der vierteljährlich erscheinenden Rote Hilfe Zeitung) und gemeinsam dagegen vorzugehen (z.B. durch bundesweite Kampagnen).
Als Rote Hilfe wollen wir lokale Antirepressionsgruppen (Ermittlungsausschüsse, Bunte Hilfen, Rechtshilfefonds, Gefangenen-Komitees etc.) nicht „ersetzen“, sondern durch gemeinsame Arbeit ergänzen. In der Regel erhalten von Repression Betroffene Unterstützung aus dem politischen Umfeld, in welchem die verfolgte Aktion gelaufen ist. Wir meinen, dass diese naheliegende Form der Solidarität die wichtigste überhaupt ist. Es gibt aber immer auch Menschen, die als Einzelne z.B. an einer Demonstration teilnehmen und im Falle ihrer Festnahme nicht unbedingt auf einen Unterstützungskreis zurückgreifen können. Manchmal sind aber auch die Belastungen durch Prozesskosten oder für die Öffentlichkeitsarbeit so hoch, dass sie von einer Gruppe allein nicht getragen werden können. Hier kann durch eine bundesweite, mitgliederstarke Organisation geholfen und unterstützt werden. Oftmals ziehen sich politische Verfahren aber auch über Jahre hin und werden erst dann aktuell, wenn die ehemaligen politischen Zusammenhänge nicht mehr in ihrer alten Form existieren. Durch die kontinuierliche Arbeit der Roten Hilfe soll verhindert werden, dass Repression als individuelles Problem empfunden und sich Einzelpersonen oder Gruppen mit Prozesskosten oder Knaststrafen alleingelassen fühlen.
Die Unterstützung für die/den Einzelne/n soll zugleich ein Beitrag zur Stärkung der Bewegung sein. Jede und Jeder, die/der sich an politischen Kämpfen beteiligt, soll dies in dem Bewusstsein tun, dass sie/er später bei eventueller Strafverfolgung nicht alleine dasteht. Durch das Herausgreifen Einzelner wollen Staat und Reaktion exemplarisch gegen linke Politik vorgehen. Dieser Strategie liegt die Isolierung bestimmter Personen oder Gruppen von anderen Teilen der Linken und der Gesellschaft zugrunde. Die Rote Hilfe setzt diesem Isolierungs- und Spaltungsversuch das Prinzip der Solidarität entgegen. Der von den Herrschenden betriebenen Spaltung und Einschüchterung wollen wir gemeinsam (jenseits aller innerlinken Differenzen hinsichtlich politischer Theorie und Praxis) entgegentreten und damit alle ermutigen, weiterhin für ihre politischen Ziele zu kämpfen.
Was leistet die Rote Hilfe
Die wohl wichtigste Aufgabe der Roten Hilfe ist die konkrete finanzielle Unterstützung bei Anklagen und Prozessen. Wir streben an, den finanziellen Druck durch Prozesskosten, Bußgelder, AnwältInnenkosten kollektiv zu tragen. Deshalb leistet die Rote Hilfe auf Antrag eine Gesamtkostenbeteiligung (d.h. von allen anfallenden Kosten) von zur Zeit 50% (in begründeten Einzelfällen kann auch ein höherer Satz durch einen zweiten Antrag angefragt werden). In den Jahren 1999/2000 hat die Rote Hilfe so insgesamt ca. 240.000 DM an Unterstützungsgeldern auszahlen können. Weiterhin gehört es zu den Grundsätzen der Roten Hilfe, auch Nicht-Mitgliedern, die wegen ihrer politischen Betätigung staatlich verfolgt werden, Unterstützung zu leisten.
Neben dem bundesweiten Unterstützungsfonds gibt es häufig noch zweck- und themengebundene Spendenkonten. Die Rote Hilfe versteht sich allerdings nicht als „Rote Caritas“ oder linke Rechtsschutzversicherung. Die Rote Hilfe leistet daher nicht nur materielle, sondern auch politische Unterstützung. Dies geschieht in Form von Spendensammlungen, Solidaritätsveranstaltungen, Prozessbeobachtungen und -begleitungen, Betreuung von politischen Gefangenen. Darüber hinaus sieht die Rote Hilfe ihre Aufgabe darin, sich im allgemeinen Sinne an der Abwehr politischer Repression zu beteiligen. So versuchen wir seit Gründung der Roten Hilfe schon weit im Vorfeld von Demonstrationen über die verschiedenen Formen politischer Repression und die damit beauftragten Institutionen (Polizei, Staatsschutz, Geheimdienste, Militär, Justiz) aufzuklären. Mit Veranstaltungen, Flugblättern und Broschüren wollen wir darauf hinwirken, dass die AktivistInnen sich selbst und Andere möglichst effektiv vor Verletzungen und Verhaftungen schützen und um ihre jeweiligen (jedenfalls formalen) Rechte Bescheid wissen. Die Rote Hilfe engagiert sich allgemein gegen Verschärfungen im Versammlungsrecht, gegen Staatsschutzgesetze, gegen den Abbau von VerteidigerInnenrechte, gegen Isolationshaft und Folter, gegen Beschränkungen im Bereich der Meinungsfreiheit und anderer BürgerInnenrechte.
Die Rote Hilfe Ortsgruppe München
Die Ortsgruppe München der Roten Hilfe gibt ein unregelmäßig erscheinendes Info heraus. Neben der Berichterstattung über aktuelle Verfahren und Prozesse in München, werden darin allgemein die Repression betreffende Themen behandelt, wie Gesetzesverschärfungen, Abhörmethoden, größere Verfahren, die bundesweit von Interesse sind usw. Vor größeren Demonstrationen oder Aktionstagen geben wir Tipps zu Demoverhalten und den Rechten die man als Festgenommener hat und natürlich wird mit dem Info zu Prozessen und Veranstaltungen mobilisiert und zu Spenden aufgerufen. Da die Spenden, die die Rote Hilfe bekommt in aller Regel für bestimmte Repressionsfälle zweckgebunden sind, haben wir für die Öffentlichkeitsarbeit, also für das Info oft kein Geld.
Unser ganz großer Dank gilt deshalb dem Netzwerk München, das uns zwei weitere Ausgaben ermöglichte. Die erste Ausgabe ist diesen Sommer erschienen und hatte ein §129a-Verfahren, das in Magdeburg stattfand, zum Inhalt, außerdem einen Kommentar zu der Folterdebatte, die durch die unsägliche Äußerung des Vorsitzenden des deutschen Richterbundes, Geerd Mackenroth, es seien Fälle vorstellbar, in denen auch Folter oder deren Androhung erlaubt sein können, angestoßen wurde. Seit Anfang letzten Jahres Standard, berichteten wir zudem über den Stand der juristischen Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz 2002. Nachdem das Kreisverwaltungsreferat über 80 Bußgeldbescheide wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz erlassen hatte, riet die Rote Hilfe zum Widerspruch und begleitete die Prozesse. In der Regel drucken wir eine Auflage von 1.500 Exemplaren, für die Mobilisierung zu den Prozessen, die vor allem Ende letzten/Anfang diesen Jahres stattfanden, gaben wir gleich drei jeweils aktualisierte Auflagen heraus.
Rote Hilfe/Ortsgruppe München
Das Netzwerk unterstützte die Rote Hilfe mit 359,52 Euro.
ROTE HILFE e.V. Ortsgruppe München
Postadresse/Kontakt: Schwanthalerstraße 139, 80339 München
e-mail: muenchen@rote-hilfe.de, www.rote-hilfe.de, www.rhmuenchen.blogsport.de/
Rechtshilfe: jeden Mittwoch 18.00-19.00 im Infoladen München, Breisacher Str. 12 81667 München Tel.: 448 96 38 (nur Mittwochs)
Spendenkonto: Postbank München BLZ 700 100 80 Kontonummer 220 16 803
Netzwerk München, Rundbrief vom Dezember 2003, http://www.netzwerk-muenchen.de/rundbrief.htm.