Flusslandschaft 1968
Wohnen
Seit Anfang der 60er Jahre sollte der Wohnungsmarkt bundesweit liberalisiert werden. Der Deu-
tsche Bundestag nahm am 24. Mai 1960 das Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangsbewirt-
schaftung und über ein soziales Mietrecht an. Als „Schwarzer Kreis“ wurde ein geographischer Be-
reich mit einem Wohnraumdefizit von mehr als 3 Prozent und uneingeschränkter Wohnungs-
zwangswirtschaft definiert. „Weiß“ war der Kreis, wenn das Wohnraumdefizit unter drei Prozent gesunken war; hier wurden nach und nach bis 1965 Preisbindungen gelockert, der Kündigungs-
schutz aufgeweicht. Am 27. November 1968 protestieren Gewerkschaften, Münchner Mieterverein und SPD-Unterbezirk gegen das Vorhaben der Bundesregierung, den „schwarzen“ Kreis in Mün-
chen abzuschaffen.1 – Die Arbeiter-Basisgruppen (ABG) führen in den Donnersberger Stuben, Donnersbergerstraße 29 in Neuhausen, und im Grünen Inn, Türkenstraße 38 in der Maxvorstadt, am 28. November ebenfalls Mieterveranstaltungen gegen die Einführung des „Weißen Kreises“ durch, der in München ab 1. Januar 1969 gelten soll. Dreitausend Mieterinnen und Mieter prote-
stieren am 29. November auf einer Veranstaltung gegen den „Weißen Kreis“ im Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz. Vertreter vom Mieterverein, der SPD mit Oberbürgermeister Vogel und der Gewerkschaften verurteilen den Bonner Beschluss. Die ABG veranstalten am 4. Dezember im Ba-
variakeller an der Theresienhöhe 7 eine weitere Protestversammlung gegen die Einführung des „Weißen Kreises“. Die vielfältigen Proteste sind erfolgreich. Erst 1975 wird München als eine der letzten Städte in der BRD „weißer Kreis“.
1 Siehe „Weihnachtsgeschenk ‚Weißer Kreis’“.