Materialien 1989
„Wackersdorf lässt grüßen“
Die Müllverbrennungsanlage in München Nord in Unterföhring, seit 1962 in Betrieb, muss modernisiert und vergrößert werden. Sagen die Stadtwerke.
Trotz heftigster Proteste von Seiten der Bevölkerung und der Gemeinde Unterföhring wurde im August 1988 mit den Bauarbeiten begonnen. Es lag eine vorläufige Teilerrichtungsgenehmigung der Reg. von Obb. vor. Dieser vorläufigen Genehmigung folgten weitere und die Baustelle wächst und wächst. Und wird „aus Versehen“ mal was gebaut, was noch nicht vorläufig genehmigt war, dann kommt von der Reg. von Obb. die Genehmigung eben nach. Von der Reg. von Obb., die sich als oberste Behörde objektiv informieren soll, um dann über Genehmigung oder Ablehnung zu entscheiden. Wie objektiv ist diese Behörde wirklich?!
In einem Block soll Kohle mit Klärschlamm verbrannt werden. Dadurch werden radioaktive Stoffe in die Umweit abgegeben. Diese Tatsache wurde erstmals bei der 3. öffentlichen Auslegung der Planunterlagen durch ein TÜV-Gutachten bestätigt. Allerdings kommt der TÜV, wie nicht anders zu erwarten, zu dem Ergebnis, dass die austretende Strahlendosis so gering sei, dass keine Gefahr für Leben und Sachgüter besteht. Das Umwettinstitut von Dr. Krüger hat errechnet, dass die Strahlenexposition etwa der eines Kernkraftwerkes entspricht.
Die Dioxinbelastung aus der Müllverbrennung sehen die Verantwortlichen ebenfalls als unbedeutend an. Das Bayer. Umweltministerium behauptet aufgrund einer Stellungnahme der Beratungskommission Toxikologie, dass die Dioxinbelastung aus MVA höchstens ein Prozent der aus anderen Quellen stammenden Belastung beträgt. Ein Gutachten vom Umweltinstitut kommt zu dem Schluss, dass die Felder in Unterföhring nur noch bedingt landwirtschaftlich nutzbar seien.
Ca. 2 Milliarden DM sollen in München Nord verbaut werden, um wertvolle Rohstoffe, die der Müll enthält, unwiederbringlich zu vernichten. Wohin mit dem hochgiftigen Rest, oder wohin mit den Filterstäuben und anderen Stoffen aus der Rauchgasreinigung?
Darauf gibt es keine befriedigende Antwort. Aber es gibt gar keine Aktivitäten zur Müllvermeidung. Leider auch kaum in der Bevölkerung. Umdenken tut dringend Not.
Elfi Ritschel
Mütter Courage. Zeitung der Mütter gegen Atomkraft 1/1990, 16 f.