Flusslandschaft 1970
Religion
„… SIE: i frag mi, warums ihran God nimma möng / de Guatn? / ER: weils aufklärt wordn san, vastehst mi / SIE: und des hoaßt? / ER: de Gschicht hams durchschaut / kluag wias san, hams erkannt / daß nix klappt, obwois alle / so richti san, eam hams de Schuld gebn / daßs Guatsei so schwer geht, erkannt hams / daßs selba de Richtign san, ganz alloa / so wia früha da God / SIE: wia God sans jetzt nacha, des moanst / ER: ja freili, des hoaßt, des i a net ganz richti / weil der net so richti sei wollt / wia de Richtigen jetzat / de alles foisch macha / (frogt sie) ja segn de des ei / ER: ja nia / wer moanst denn, dad den andern / dann no daschlogn, des tuat ma do net / wenn ma foisch is / (sogt sie) des waar ja da ewige Friede / des spür i / ER: gwiß, bloß net da richtige, leida / koa saubara, gar koa guata / organisierta / SIE: der unsaoana net gfalln dad / wos moanst nacha du? / ER: und unserm God / oda wia ma den hoaßt / des stimmt a net / da is a da Namma foisch, siehgst / der is foischa wia foisch, net amal / sei Nama is richti / SIE: ja nacha, der denkt do wia mia / dem graust doch wia uns / vor dem Richtign / ER: freili, weswegn moanst hat a / extra ois a so foisch gmacht / SIE: is nacha des richti, wos mia zwoa / uns ausdenkt ham, ha? / ER: was Gwisses woaß ma da net, wenns richti is / des merkst scho / wennst wuist, daß uns glaabn / und den ersten daschlagst, der dro zweifit / SIE: und deszweng, weil der net so guat is wia mia zwoa / de jetzt wissen, wos guat is / ER: akrat / da muaßt scho di Wahrheit vateidign / und greißli und zwar mit am Schwert / wennst merka wuist / obst richti denkst, des merkst / an de Doden / de du selba dod gmacht hast, des merkst / wenn sie ruhen in Frieden / de andern …“1
28. Mai: Junge kritische Katholiken fordern auf der Fronleichnamsprozession mit Flugblättern und Transparenten einen größeren Einsatz der Kirche für die unterentwickelten Länder: „Eucha-
ristie ohne Engagement für die Unterdrückten?“ und „20 Prozent Kirchensteuer für Entwicklungs-
hilfe“.2
Münchens Kardinal Döpfner: „Die sogenannte Sex-Welle, die wir heute in so vielen Bereichen des kulturellen Lebens mitmachen, ist nicht Fortschritt und Befreiung, sondern menschenunwürdige, widersittliche Entartung.“3
Kirchliche Verbände (Arbeitskreis „Kritischer Konsum“) rufen am 29. November mit Flugblättern in der Fußgängerzone zur „Aktion Kritischer Konsum“ gegen die weihnachtliche Verschwendungs-
sucht auf. Am 1. Advent-Samstag ist der Beginn mit Infoständen, Straßentheater, Songgruppen und Flugblättern. Die Aktion wird bis Weihnachten fortgesetzt.
1970 sind 40.000 Menschen deutschlandweit aus der Katholischen Kirche ausgetreten.
1 Paul Wühr, Gegenmünchen, München 1970, 150 ff.
2 Vgl. Süddeutsche Zeitung 128/1970. Fotos: Stadtarchiv Standort ZB-Ereignisfotografie-Politik-Demonstrationen.
3 Zitiert in Der Spiegel 32 vom 3. August 1970, 36.