Materialien 2012
Liebe Aktivistinnen und Aktivisten!
„Schlampen-Lauf“? Das geht aus feministischer Sicht gar nicht, meinen FreundINNEN von mir. Der Begriff sei sexistisch und in der Gesellschaft derart negativ verankert, dass es schwierig sei, ihn zurückzufordern – zu „reclaimen“ und ihn positiv zu besetzen.
Andere wiederum sagen, es sei DOCH möglich, diskriminierende Wörter NEU zu besetzen – so wie es bereits mit QUEER erfolgreich geschah.
Wieder andere wollen sich mit all denen solidarisieren, die als Schlampen bezeichnet werden. In der Wissenschaftswelt wurde zu dem Begriff „Schlampe“ viel gestritten. Das eigentliche Ziel geriet dadurch aus den Augen: nämlich gegen Vergewaltigungsverharmlosungen auf die Straße zu gehen.
Ich finde es wichtig, diese Debatte zu führen. Und egal, was das Wort nun meint: Wir sollten solidarisch mit allen Menschen demonstrieren, denen Vergewaltigungsmythen zuwider sind, die gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt sind.
Wir haben es satt, in einem System zu leben, das sexualisierte Übergriffe, Gewalt und Belästigungen verharmlost, legitimiert und den Betroffenen die Schuld gibt.
Ganz deutlich zeigt sich das derzeit an der Aktion „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“. Die Aktion ist wichtig und richtig. Es wird jedoch NICHT beachtet, dass die Verantwortung allein bei den Wiesn-BesucherINNEN liegt. Ein ganzer Verhaltenskatalog listet den Frauen das vermeintlich richtige Verhalten auf: Wenig Alkohol trinken, am besten Radler, zwischendurch ein Wasser, nie allein gehen und vieles mehr. Ein entsprechender Verhaltenskatalog für volltrunkene Wiesn-BURSCHIS ist nirgendwo zu finden.
Am helllichten Tage ist vor einer Woche eine junge Frau vergewaltigt worden – in der Nähe der Wiesen. Der Täter vergewaltigte die 24-jährige auf einer kleinen Grünanlage – offenbar griff niemand ein. Jedes Jahr kommt es zu zahlreichen Vergewaltigungen auf den Wiesn. Doch nicht alle werden angezeigt. Die Dunkelziffer liegt pro Oktoberfest bei 200 Vergewaltigungen.
Darum sind wir heute hier. Wir sagen: Niemand hat das Recht, andere anzugrabschen, ihnen zu nahe zu kommen oder IRGENDETWAS zu tun, was das Gegenüber nicht will. Vergewaltigungsopfer tragen keine Mitschuld am Geschehen und schon gar nicht, weil sie oder er Lust hat, sich sexy zu kleiden! In dem wir uns heute zusammenfinden, zeigen wir uns solidarisch mit allen Betroffenen und fordern Respekt und Gerechtigkeit. Wir stellen uns gegen Unterdrückungsmechanismen wie Sexismus, Rassismus, Homophobie, Transphobie, Queerphobie und Klassizismus.
Dankeschön!
Gegen Sexismus und Homophobie! Für mehr Liebe und Anarchie!
Gegen Macker und Rassisten, fight the power, fight the system!
Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!
Mackertum könnt Ihr Euch schenken – gegen jedes Rollendenken!
However I dress, whereever I go – Yes means Yes, No Means No!
Julia Killet
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Quellen:
www.maedchenmannschaft.net/ob-schlampe-oder-nicht-warum-ich-slutwalk-unterstuetze/
www.slutwalkberlin.de/info
www.de.wikipedia.org/wiki/Slutwalk
www.sueddeutsche.de/muenchen/schlampenmarsch-in-muenchen-ende-der-vorurteile-1.1128142
www.diestandard.at/1308186279454/SlutWalk-Boeses-Wort-bleibt-boeses-Wort
www.youtube.com/watch?v=inxh6K9qKZg
Manuskript, zugeschickt von der Autorin am 8. Oktober 2012