Materialien 1980
Der Monopteros
Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus und die Bullen zu!! Raus ins Jrüne, rinnin Englischen Garten, ruff uff’n Monopteros und ab mit de Grüne Minna ins Kittchen und jesiebte Luft inhalieren.
Wie wir Berliner sajen …
Die Lüfte sind lau, das Wetter ist warm, Alarm, Alarm, lalü, lala …
Der Garten füllt sich, jedoch leider nicht nur mit friedlichen Frischluft- und Sonnenfanatikern, sondern … auch mit Männern, die kleine Handtäschlein (Inhalt vermutlich: 1 Grundgesetz) unterm Arm tragen. Worauf man ein besonderes Auge werfen sollte, wenn man das andere zum Drehen benutzt. Denn diese kleinen grünen Männchen (Schauder), die ihre grüne Uniform zu Hause gelassen haben, sie haben es auf uns abgesehen, die wir bei schönem Wetter auch aus unseren Löchern kommen und gerne unser Pfeifchen im Grünen rauchen wollen. Sie werden jetzt, verstärkt durch Spitzel, bürgernah eingesetzt. Um uns auf väterliche Art in den Knast zu bringen. Sie schrecken dabei nicht mal vor salopper Kleidung und langen Haaren sowie Bärten zurück. Jovial und schulterklopfend teilen sie Zigaretten aus und erklären beruhigend, dass doch alles halb so schlimm sei, wenn man nur erst mal mitgehen würde.
Was ist passiert?
Wollten wir mal, weils so schön war, draußen unsere Montagsbesprechung im Grünen abhalten. Ja, und kaum saßen wir zwanzig Minuten im Gras, da sahen wir, wie gleich nebenan unsere Freunde und Helfer sich einen rausgegriffen hatten. Mit Klamottendurchsuchung und allem Drum und Dran. Natürlich in Zivil. Der Junge sah ziemlich hilflos aus und im Hintergrund verpisste sich grad einer dieser netten Jungs, so um die 20, ich weiß gar nicht, wie man die nennen soll, „Spitzel“ oder „Informant“ …, der auf jeden Fall später in ein Bullenauto einstieg wie anderer in ein Taxi. Jedenfalls fand man bei dem Typ nichts, nicht einmal einen Krümel, es waren eh grad schlechte Zeiten, das wussten wir aus eigener Erfahrung. Um es kurz zu machen, es rafften sich etwa zwanzig Leute auf, hinzugehen (wenigstens etwas !!) und anschließend auch mitzulaufen an den hinteren Ausgang, wo die Bullen ihre Autos bei der städtischen Gartenverwaltung geparkt hatten.
Es ist anzunehmen, dass sie dort jetzt einen ihrer Hauptsitze hinverlegt haben, bei den täglichen Vorkommnissen im Garten.) Leider hat das alles außer Rumschreiereien, Bullenautobespucken und Geschubse nichts gebracht. Den Typ haben sie mitgenommen und der Rest hat sich frustriert wieder verdrückt.
Ihr müsst von Fall zu Fall sehen, wie es klüger ist, sich zu verhalten, aber erst mal gilt: sie können dich nicht mitnehmen, ohne dass sie dir den Festnahmegrund angeben (außer du hast keinen Ausweis dabei). Gute Informationen über solche Situationen gibt das Rotbuch „Wie man gegen Polizei und Justiz die Nerven behält“.
Das klingt alles wie furchtbar alter Käse, aber es zeigt sich fast täglich, wie wenig Leute wissen,
wie man sich konkret verhält. Meistens picken sich die Bullen einen einzelnen aus der Menge raus und wollen ihn mitnehmen, auch wenn bei der vorangegangenen Durchsuchung nichts gefunden wurde. Dabei ist wichtig, dass ihr hingeht, wenn ihr so was beobachtet und den Typ auf keinen Fall allein lasst. Denn es ist immer wieder deren alte Masche: einen einzelnen herausgreifen, ihn unter Druck setzen, um ihn dann schließlich mit der Zusage, sein Verfahren einzustellen, zum Spitzel zu „bekehren“. Und bist du erst mal denen in die Hand gefallen, die beruflich auf der FDGO herum-
stehen, dann Gnade dir Gott oder einer seiner weltlichen Repräsentanten.
A+A
Blatt. Stadtzeitung für München 172 vom 23. Mai 1980, 5.