Materialien 1993
Az. 486 Js 121296/92
Im Ermittlungsverfahren gegen Hartmann, Michael wegen Verdachts einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr
hier: Antrag auf mündliche Haftprüfung vom 15.01.93
wird zur Vorbereitung des Haftprüfungstermins was folgt vorgetragen:
1.
Der Erlass des Haftbefehls sowie jede Fortdauer von freiheitsentziehenden Maßnahmen gegen den Betroffenen stellen sich als gravierenden Verstoß gegen Verfassungsrechte sowie gegen die Strafprozessordnung dar …
2.
Nach der Vernehmung des Betroffenen und nach der längeren Stellungnahme seines Verteidigers stellte sich heraus, dass Richter Schmid den Haftbefehl vom 15.01.93 bereits unterschrieben, d.h. erlassen hatte. Wegen Verstoßes gegen Art. 104 III i.V.m. Art. 103 I GG ist daher der Haftbefehl ohne weitere Feststellungen aufzuheben …
3.
Geradezu absurd argumentiert die Staatsanwaltschaft im Haftbefehl, wenn sie unterstellt, der Betroffene habe Auffahrunfälle verursachen wollen und habe dabei Verletzungen billigend in Kauf genommen. Der Betroffene selbst führt immer wieder – auch öffentlich – aus, es gehe ihm allein darum, den Verkehr etwas zu verlangsamen und dadurch Denkprozesse einzuleiten. Verletzungen sind nicht beabsichtigt, werden nicht billigend in Kauf genommen, sind im Gegenteil, ebenso wie Sachschäden, höchst unerwünscht, da sie dem öffentlichen Anliegen des Betroffenen schaden …
5.
Der Vergleich zeigt deutlich, dass mit juristischen Argumenten allein sich das Verhalten der Staatsanwaltschaft nicht erklären lässt. Offensichtlich geht es mehr um das Brechen einer Gesinnung bzw. um eine Umerziehung des Betroffenen. Somit drängen sich Motive auf, die etwa in der DDR gang und gäbe waren, unserem Rechtsstaat jedoch wesensfremd sind und die deshalb dienstrechtlich und strafrechtlich zu untersuchen sein werden …
6.
Die Einweisung eines Gesinnungstäters in eine Bezirksklinik … stellt sich als eines der infamsten Mittel dar, die Gesinnung einer Person zu brechen und damit die Menschenwürde einer Person zu verletzen. Die Methode ist ausschließlich von totalitären Regimen her bekannt, ihre Anwendung, auch nur der bloße Versuch, ist mit allem Nachdruck zu bekämpfen.
Rechtsanwalt Arnold
Michael Hartmann, Der Autogeher. AutoBiographie eines AutoGegners. März 1988 bis Juli 1997, München 1997, 67 f.