Flusslandschaft 2013

Bäuerinnen und Bauern


Unter dem Motto „Mir hams satt“ demonstriert ein breites Bündnis von Umweltschutzverbänden und kritischen Bäuerinnen und Bauern am Samstag, 13. Juli, um 11 Uhr auf dem Odeonsplatz gegen industrielle Tierhaltung, Bienensterben durch Pestizide und Monokultur, heimatzerstörende Großprojekte, Agrarexportsubventionen, Agrogentechnik und Patente auf Leben … Hubert Weiger, Chef des Bund Naturschutz, meint bei der Kundgebung: „Wir wollen verhindern, dass durch ein Freihandelsabkommen mit den USA Gentechnik, Hormonfleisch und gefährliche Chemikalien auf dem Tisch der Verbraucher landen. Es darf nicht zugelassen werden, dass in internationale Schiedsgerichtsverfahren in Zukunft gegen unsere Regierung geklagt werden kann, und demokra-
tische beschlossene Gesetze dann den Gewinninteressen internationaler Konzerne geopfert wer-
den“. Romuald Schaber, Bauer aus dem Allgäu und Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter kritisiert, „dass die Landwirtschaftspolitik der EU bisher sowohl aus Sicht der Erzeuger wie auch aus Sicht der Verbraucher völlig einseitig an den Belangen der Industrie orien-
tiert ist. Die Milchbauern haben diese ausbeuterische und ruinöse Politik satt“. „Einen Stopp für die geplante Straßenbauorgien im Freistaat mit über 17 Milliarden €uro Kosten und einen sofor-
tigen Stopp aller weiteren Planungen für die unnötige dritte Startbahn am Münchner Flughafen“, fordert Christine Margraf stellvertretend für viele Bürgerinitiativen und das Aktionsbündnis AufgeMUCkt. „Wie kann es sein, dass unsere Bienen im Sommer hungern müssen und weiterhin bienenschädliche Pestizide in großen Mengen ausgebracht werden dürfen“, empört sich Sonja Heinemann, Vorsitzende des Imkerverbandes Rhön Grabfeld. Sie fordert u.a. „ein endgültiges Verbot der bienengiftigen Neonicotinoide und bunte Ausgleichsflächen für Maismonokulturen“. Gertraud Gafus, stellvertretende Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Land-
wirtschaft
, macht deutlich, „dass die verantwortlichen Politiker in Bayern die bäuerliche Land-
wirtschaft und die Verbraucher nicht ausreichend vor gentechnisch veränderten Pflanzen und Saatgutmanipulation schützen.“ Sie fordert Bundesagrarministerin Ilse Aigner auf, „endlich auch in den Entscheidungsgremien auf Bundesebene klar die Neuzulassung gentechnisch veränderter Pflanzen abzulehnen. Ein schönes Dirndl reicht nicht aus, Frau Aigner!“ Boniface Mabanza, Glo-
balisierungskritiker aus afrikanischer Perspektive, der für die entwicklungspolitischen Organisa-
tionen Misereor, Mission EineWelt, Brot für die Welt und die Menschenrechtsorganisation FIAN spricht, weist u.a. daraufhin, „dass das Recht auf Leben erst Wirklichkeit werden kann, wenn der Schrei der hungernden Kinder mehr Aufmerksamkeit bekommt als das Geschrei der Banken.“ Zur Zukunft der Nahrung äußern sich dann die Jugendverbände der Trägerorganisationen: Anton Reinhardt von der Slow food Jugend appelliert, „aufzuhören mit dem Schnäppchenjagen in Dis-
countern und stattdessen sich mit den Menschen zu verbünden, die Nahrungsmittel auf Men-
schen- und tierwürdige Art und Weise erzeugen.“ Ruth Heeren von der Jugendorganisation Bund Naturschutz fordert: „Gesundes Essen darf kein Luxus sein! Wir, die Verbraucher und Konsumen-
ten, haben ein Recht auf Lebensmittel, die frei von Pestiziden, Gentechnik und Medikamenten sind!“ Ludwig Sothmann, Landesvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz fasst die Forde-
rungen des breiten Bündnisses abschließend nochmals zusammen: „Unser Appell an die Politik: Schluss mit diesem Ausverkauf an Gemeingütern! Wir fordern eine Politik, die dem Menschen nutzt und nicht der Agrarindustrie. Wir fordern gelebte Schöpfungsverantwortung als Grundlage für politische Entscheidungsprozesse. Die neue Welt der Massentierhaltung, der genmanipulierten Organismen, der ästhetischen Banalisierung unserer Heimat ist nicht unsere Welt. Wer politisch darauf abzielt, kann nicht unser Vertreter sein, dient dem Wohl des Volkes nicht.“ Ein Trecker-Corso und 8.000 Demonstrantinnen und Demonstranten ziehen nach den Ansprachen zur Schlusskundgebung vor die Staatskanzlei.1

Am Montag, 4. November, verhandeln im Haus der bayerischen Wirtschaft in der Max-Josef-Straße 5 die Agrarminister/innen der Länder in München über die Umsetzung der neuen EU-Agrarpolitik. Die Entscheidung steht an: Gibt es mehr Geld für bäuerliche Betriebe und den Tier- und Umweltschutz? Oder fließt ein großer Teil der öffentlichen Mittel weiter an die Agrarindustrie? Um 12 Uhr beginnt eine Kundgebung des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, die für eine Agrarwende protestieren: „Ein Agrarbonze wird in einem Geldregen aus Brüssel stehen, wäh-
rend Bäuerinnen und Bauern leer ausgehen. Möglichst viele Demonstrant/innen rufen eine Person mit Seehofer-Maske auf, sich für bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft zu entscheiden. Nach der Aktion machen wir uns zum Haus der bayerischen Wirtschaft auf, wo die Agrarminister-
konferenz stattfindet.“2

Am Freitag, 22. November, findet ein CSU-Parteitag im Messezentrum in Riem statt. Direkt vor dem Eingang halten Demonstranten Schilder in die Höhe und verteilen Infozettel an die eintref-
fenden Delegierten. Ein Schauspieler mit Seehofer-Maske trägt einen Korb mit Maiskolben im Arm. Mit dieser Aktion werden die Delegierten in ihrem gentechnik-kritischen Kurs bestärkt und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer aufgefordert, in den Koalitionsverhandlungen energisch auf ein Anbau-Verbot von Gen-Pflanzen in Deutschland zu drängen.

(aktualisiert am 20.2.2019)


1 Siehe www.wir-haben-es-satt.de/start/mir-hams-satt-muenchen/ und die Fotos der Demonstration „mir hams satt“ vom 13. Juli von Franz Gans.

2 Siehe dazu auch die Zeichnung von Steve Geshwister unter www.linophil.de/milchbauers-traumgehaenge/