Flusslandschaft 2014

SPD


Straßenmalerei, nachdem die Demonstration gegen die so genannte
Sicherheitskonferenz am 2. Februar den Marienplatz verlassen hat

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Nach dem Faschingsumzug der „Damischen Ritter“ am 16. Februar
in der Herzog-Wilhelm-Straße hinter dem Sendlinger Tor

In der Kommunalwahl am 16. März wird bei niedriger Wahlbeteiligung von 42,1 Prozent die CSU zur stärksten Fraktion im Münchner Stadtrat. Der sozialdemokratische OB-Kandidat Dieter Reiter liegt mit 40,4 Prozent nur knapp vor seinem Herausforderer Josef Schmid von der CSU, der 36,7 Prozent erhält. Reiters inhaltsleere Wahlplakate „Damit München München bleibt“ rufen bei vielen Zeitgenossen nur Kopfschütteln hervor.2 In München verliert die SPD fast 61.700 Wählende an die große Gruppe der Nichtwähler. Viele Menschen denken auch, der Schmid ist sicher ein umgängli-
cher und kluger Zeitgenosse, wer ihn aber wählt, wählt leider seine Partei mit. Bei der Stichwahl am 30. März liegt die Wahlbeteiligung mit 38,5 Prozent noch niedriger. Reiter gewinnt mit 56,7 Prozent. 1.388 BürgerInnen haben ihren Wahlzettel mit Kommentaren versehen und ihn damit ungültig gemacht. Entweder haben sie beide Kandidaten durchgestrichen und „weder – noch“ da-
zugeschrieben oder sogar noch weitere Informationen angefügt. Einen dieser Wahlzettel bekam der Schreiber dieser Zeilen zu Gesicht, bevor er an das Wahlamt abgeschickt wurde:

Die Münchner SPD entscheidet am Montag, 19. Mai, im Augustiner-Keller in der Arnulfstraße 52 auf einem außerordentlichen Parteitag über die geplante SPD-CSU Koalition im Rathaus. Für manche SPD-Anhänger eine schwer zu schluckende Kröte, für Grünen-Anhänger beinahe Verrat, nachdem sich die Grünen in der Stichwahl für den SPD-Oberbürgermeisterkandidaten ausgespro-
chen haben. Zentraler Streitpunkt: Die anstehende Besetzung des Kreisverwaltungsreferenten, dem auch die Ausländerbehörde untersteht. Für 18 Uhr ist eine Protestkundgebung vor dem Tagungslokal anberaumt. Eine Kollegin schreibt in ihrer Rundmail: „… Ich möchte euch gerne
ganz persönlich zur Teilnahme an der Protestkundgebung aufrufen. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Zeiten als das KVR unter Gauweiler und Uhl CSU geführt war. Ich musste als (damals noch Nicht-EU-) Ausländerin für mich selber und mit Klienten und Freunden sehr oft dahin. Öfters habe ich Leute begleitet, die Angst hatten, im KVR festgenommen und abgeschoben zu werden. Wenn ich mich an die Beklemmung, die Verzweiflung, die Ohnmachtsgefühle und den Umgangston erinnere, kommt mir heute noch die Wut hoch. Im Laufe der letzten zwanzig Jahre hat sich da sehr viel geändert und eine Ausländerbehörde, die ihre Spielräume positiv nützt, zuhört und zuverlässig ist, ist extrem wichtig für meine Arbeit. Wie restriktiv CSU geführte Ausländerbe-
hörden das Ausländer- und Asylrecht handhaben, erlebe ich täglich in der Arbeit mit Jugendlichen, die in den Landkreisen untergebracht sind. Die Jugendhilfe, die Schule, der ganze Perspektiven-
aufbau bringen nichts, wenn die Ausländerbehörde eine Ausbildungserlaubnis verweigert. Bitte kommt und lasst uns wenigstens versuchen, die Delegierten der SPD zu überzeugen gegen einen KV Referenten der CSU zu stimmen!“ Offenbar zeigen die Proteste Wirkung. Vertreter von CSU und SPD einigen sich auf einen Kreisverwaltungsreferenten ohne Parteibuch.


In der Fraunhoferstraße in der Isarvorstadt

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Hinter der Corneliusbrücke


1 Fotos © Volker Derlath

2 »… die Techniken der Geschäftsreklame [sind] tief in die innenpolitischen Propagandamethoden der Staaten eingedrun-
gen, wo man … Meinungen, Gesinnungen und bestimmte politische Praktiken nicht anders verkauft als Seifenpulver und Parfüms … Die auf den inneren Gebrauch zugeschnittenen Images [sind] eine große Gefahr für die gesamte Erfahrungs-
wirklichkeit …, und die ersten Opfer dieser modernen Art zu lügen sind natürlich die Hersteller dieser Fiktionen selbst … Was dann folgt, geschieht schon fast automatisch. Die Täuscher wie die Getäuschten müssen, schon um ihr »Weltbild« intakt zu halten, sich vor allem darum kümmern, daß ihr Propaganda-Image von keiner Realität gefährdet wird. So kommt es, … dass Täuschung ohne Selbsttäuschung in voll entwickelten Demokratien nahezu unmöglich ist.« (Hannah Arendt, Wahrheit und Lüge in der Politik, München 1972, 80 ff.)

3 Fotos © Volker Derlath

Überraschung

Jahr: 2014
Bereich: SPD