Materialien 2014

Auch dieser Krieg wird nicht zum Frieden führen

Wieder einmal führt der israelische Staat Krieg. Jeder Krieg, den der Staat Israel führt, wird damit begründet, dass der jüdische Staat um sein Überleben kämpfen bzw. seine Bürger vor den Raketen mal der Hisbullahs und mal der Hamas schützen müsse. Seit 66 Jahren geht es so, und es sieht danach aus, dass die nächsten 66 Jahren auch so weiter gehen. Israel hat seine Militärstrategien in den letzten Jahrzehnten der Kriege ziemlich perfektioniert und meint, seine Feinde von innen und außen zu kennen, und beherrscht sie total. Mit seinen sehr gut ausgebildeten Soldaten und mit Hilfe der modernsten und tödlichen amerikanischen, deutschen und im Land produzierten Waffen ist dieser Staat mit Abstand die stärkste Militärmacht in der Region. Auch nach Meinung israeli-
scher Militärexperten war der jüdische Staat militärisch nie bedroht, er hat seine Feinde militärisch immer beherrscht.

Wie kommt es, dass dieser Staat nach 66 Jahre seiner Gründung immer noch Kriege gegen seine Nachbarn führen muss? Sicher war ein Grund die Ablehnung des neu gegründeten Staats durch die Nachbarländer. In wieweit diese Ablehnung berechtigt war, soll hier keine Rolle spielen. Fakt ist jedoch,dass mittlerweile alle Nachbarn, einschließlich der Palästinenser sich mit diesem Staat abgefunden haben. Ein weiterer Grund, warum dieser Staat immer noch Kriege führt, ist seine Programmierung auf Krieg, und zwar nur auf Krieg. Der Staat Israel hat fortwährend seine Militärstrategien perfektioniert, aber rein gar nichts in Friedensstrategien investiert. Die Militär-
junta in Israel ist in der Lage, jeden Krieg zu gewinnen und die Politikerkaste, die fast mit der Militärjunta identisch ist, scheut sich vor dem Kampf um den Frieden. Werbepsychologen würden sagen: Krieg, da weiß man, was man hat. Frieden! Nein, das birgt viele unbekannte Gefahren.

Auch der jetzige Krieg gegen die Hamas und die Zivilbevölkerung in Gaza ist bezeichnend dafür.

Hamas hat im Januar 2006 die ersten freien Wahlen in den besetzten palästinensischen Gebieten klar gewonnen. Die Menschen hatten von der korrupten Fatahführung die Nase voll und haben sie daher abgewählt. Ein weiterer Grund für den Sieg der Hamas lag in der andauernd menschenver-
achtenden Besatzungspolitik Israels.

Israel und mit ihm seine westlichen Verbündeten weigerten sich, mit der demokratisch gewählten Palästinenserführung zu verhandeln, sie wurde einfach boykottiert. Es heißt, Hamas müsse das Existenzrecht Israels anerkennen, der Gewalt abschwören und bestehende Abkommen respek-
tieren. In welchen Grenzen Hamas Israel anerkennen muss, sagt man nicht. Man verlangt im Gegenzug von Israel nicht, einen Staat Palästina zuzulassen, der Gewalt abzuschwören und bestehende Abkommen zu respektieren. Hier entsteht der Eindruck, Hamas trage die Alleinver-
antwortung dafür, dass es keine Friedenslösung im Nahen Osten gibt. Dabei ist Hamas erst vor wenigen Jahren an die Macht gekommen, und was war vorher?

Die Palästinenserführung unter Yasser Arafat und seinem Nachfolger Abbas haben all das, was man von Hamas verlangt, erfüllt. Was haben die Palästinenser dafür bekommen?? Noch mehr jüdische Siedlungen, Wasser- und Landraub, Hunderte von Straßensperren in den besetzten Gebieten, die jede wirtschaftliche Entwicklung blockieren und die Bewegungsfreiheit der Menschen dort stark einschränken. Die Radikalisierung der Menschen in Palästina und ihre Hinwendung zu Hamas ist nicht gottgegeben, sondern hat ihre Ursachen in der seit fast fünfzigjährigen Besatzung.

Wie heute von Hamas hat man auch von Yasser Arafat als Bedingung für Friedensverhandlungen verlangt, die Charta der PLO, die die nicht Anerkennung Israels vorsah, im Sinne Israels und des Westens zu ändern.

Der Nationalrat der Palästinenser hat am 11. Dezember 1998 auf Betreiben Arafats die PLO-Charta mit überwältigender Mehrheit geändert. Die Änderungen bekräftigt die schon früher beschlossene Streichung aller Passagen der Charta von 1964, die zur Zerstörung Israels aufgerufen hatten und das Existenzrecht Israels negierten. Was bekamen die Palästinenser dafür?? Nichts, und die Führung von Hamas weiß das.

Was ist das für Demokratieverständnis, wenn man den Menschen in Palästina sagt, mit eurer demokratisch gewählten Vertretung reden wir nicht, sie gefällt uns nicht, wählt so lange bis ihr eine uns genehme Vertretung wählt.

Der Westen boykottiert nicht den israelischen Staat, obwohl er der letztverbliebene Apartheidsstaat weltweit ist.

Man muss mit Hamas reden, man kommt an ihr nicht vorbei. Auch wenn Hamas wahrscheinlich militärisch sehr geschwächt aus dem aktuellen asymmetrischen Krieg gehen wird, sie wird nicht verschwinden. Man darf Hamas nicht ausschließen, man muss sie in den politischen Prozessen einbinden. Lange Zeit wollte man mit Arafat und seiner PLO nicht verhandeln, musste aber einsehen, dass es unumgänglich war. Warum also nicht das ganze Leiden und Blutvergießen verkürzen und nicht gleich mit Hamas verhandeln?

Die Ursachen für den aktuellen unbarmherzigen und blutigen Krieg werden Hamas zugeschoben. Die Kassamraketen sind militärisch unbedeutend und politisch kontraproduktiv. Sie schaden eher die eigene Sache. So sinnlos die Kassamraketen auch sein mögen, sind sie doch eine hilflose Reaktion auf eine menschliche Tragödie, die nicht zu vertreten ist, jedoch von der Weltöffentlich-
keit geduldet wird. Der Gazastreifen ist ein Freiluftgefängnis für 1,8 Millionen Menschen . Er ist einfach von allen Seiten von der Außenwelt abgeschnitten. Die palästinensischen Gebiete im Westjordanland sind ebenso abgeriegelt. Keine Maus darf rein oder raus ohne ausdrückliche Genehmigung der israelischen Armee, nicht einmal der ja im Westen geachtete Palästinenser-Präsident. Wie würde die USA reagieren, wenn Mexiko sämtliche Wasser-, Luft- und Landwege zur USA kontrollieren und abriegeln würde? Wie würde Deutschland reagieren, wenn Polen sämtliche Wasser-, Luft- und Landwege zu Deutschland kontrollieren und abriegeln würde??

Die Besatzung durch Israel und die tägliche Demütigung der Palästinenser seit fast 50 Jahren sind die eigentlichen Ursachen für diesen Krieg und wahrscheinlich für kommende Kriege. Man kann nicht weiterhin nur Druck auf die Palästinenser ausüben, sie haben nichts mehr zu verlieren, nicht einmal mehr ihre Menschenwürde.

Nur der Druck auf Israel und die Beendigung der Besatzung kann das Problem lösen. Leider ist es nicht absehbar, dass irgendwer irgendwann Druck auf Israel ausüben könnte.

Das Gegenteil ist der Fall. Trotz seiner menschenverachtenden Besatzungspolitik genießt der jüdische Staat die uneingeschränkte Unterstützung der westlichen Länder. Als Begründung wird angeführt, Israel sei der einzig demokratische Staat in der Region. Den Palästinensern ist es jedoch egal, ob sie von einem demokratischen Staat unterdrückt werden oder von einem diktatorischen, ihnen ist es egal ob ihr Land, ihr Wasser und ihre Menschenwürde von einem demokratischen Staat geraubt werden oder von einem anderen.

Es ist an der Zeit, dass der jüdische Staat mehr Friedensstrategien mit seinen Nachbarn und weniger Kriegspläne für den Gazastreifen erarbeitet, sonst war dieser Krieg nicht der letzte. Schade um jedes Menschenleben, egal ob jüdisch oder palästinensisch.

Fuad Hamdan


zugeschickt von Rolf Eckart am 30. Juli 2014

Überraschung

Jahr: 2014
Bereich: Internationales