Flusslandschaft 1948
StudentInnen
17. Juni: „Heute Vormittag demonstrieren etwa elftausend Studenten der Münchner Hochschulen gegen die schlechte Ernährung und gegen die Benachteiligung Bayerns durch die Frankfurter Wirt-
schaftsbehörden. Von der Technischen Hochschule aus bewegt sich der Zug unter Sprechchören und mit geführten Spruchbändern mit den Inschriften ‚Geist ohne Körper!‘, ‚Warum bekommt der Landtag Zulagen? Soviel tun wir auch!’, ‚We want more food’ durch die Straßen vor das Ernäh-
rungsministerium, vor dem ein minutenlanges Pfeifkonzert stattfindet.“1 Am Odeonsplatz biegt die Linie 6 von der Briennerstraße kommend in die Ludwigstraße ein. Der Stromabnehmer kann, wenn er aus der Führung der Oberleitung gesprungen ist, vom Straßenbahnfahrer mit einem Seilzug wieder eingehängt werden. Das Umgekehrte ist allerdings auch möglich. Wolfgang Graf erinnert sich: „Während wir demonstrierten, versuchte die Tramway durch unsere Zug hindurch-
zufahren und klingelte unaufhörlich. Da bin ich hin, hab am Schnürl gezogen und prompt ist das Stangerl rausghupft. Da hat der Kondukteur aussteigen müssen und wir konnten ungestört weiter demonstrieren.“2
1 Stadtchronik, Stadtarchiv München; Fotos: Stadtarchiv Standort ZB-Ereignisfotografie-Politik-Demonstrationen; Foto: Hungerdemonstration der Münchner Studenten in der Galeriestraße am Hofgarten am 17. Juni 1948, Standort: Haus der Bayerischen Geschichte, Signatur: bp-1935.2.6; vgl. dazu auch Foto einer Hungerdemonstration vom 18. Juni von W.B. Francé in: Friedrich Prinz (Hg.), Trümmerzeit in München. Kultur und Gesellschaft einer deutschen Großstadt im Aufbruch 1945 – 1949, München 1984, 54.
2 Wolfgang Graf in einem Interview am 20. Oktober 2014.