Flusslandschaft 1988

Alternative Medien

„Elektronische 0ffensive – In den sechziger Jahren attackierten die Linken die Bewusstseinsmacht des Springer-Konzerns (,Weg mit Springer’). Als der trotz heftigster Demonstrationen nicht so einfach vom kapitalistischen Markt verschwand, wurde in der ,proletarischen Phase’ der westdeut-
schen Nachkriegslinken alle Hoffnung auf die ,autonome Arbeiteröffentlichkeit’ gelenkt. Frustriert über mangelnde Erfolge an der Betriebsfront, verabschiedete man sich schnell vom ganzen Prole-
tariat und begann zuerst die Stadtteile, später ganze Städte mit ,alternativen Öffentlichkeiten’ zu beglücken. Schnell entdeckte das Werbekapital bei der Lektüre der diversen Stadt- und Volksblät-
ter brachliegende Marktchancen und kaufte sich in die immer bunter – und immer unpolitischer werdenden Stadtmagazine ein. Die Linken jammerten, wenn sie aus den Redaktionen herausge-
schmissen wurden – und liessen die Champagner-Korken knallen, wenn ihnen von den neuen Verlagsherren Platz für eine Restaurant-Kritik überlassen wurde. Zuerst verteidigte man noch mit grossem Pathos die zum grossen Teil sozialliberal majorisierten öffentlich-rechtlich verfassten Fernseh- und Rundfunkanstalten, aber als die ,Wendeparteien’ auch da die Intendantensessel eroberten, begannen die linken Medienmacher mit den ersten Spekulationen über die Möglichkei-
ten ,freier Radios’. Kleine Nischen zur Szenen-Unterhaltung hat man da auch inzwischen erobern können, aber um die Neuordnung der internationalen Medienmärkte kümmert sich – außer der IG Druck und der RFFU – heute niemand. Da ist man staunend-sprachloser Zuschauer am Rande der Arena. — Carl-Wilhelm Macke“1


1 links. Sozialistische Zeitung 225 vom Januar 1989, 15.

Überraschung

Jahr: 1988
Bereich: Alternative Medien