Materialien 1994

Ablehnungsbescheid

BUNDESAMT
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge – Anerkennungsverfahren –,
90343 Nürnberg, 14. Juli 1994 – be-Gesch.-2. B. 1853476-163 (bitte unbedingt angeben)

BESCHEID
In dem Asylverfahren der
1. XXXX
2. XXXX
3. XXX …, Elbistan,
Antragstellerin zu 3) gesetzlich vertreten durch die Antragsteller zu 1) und 2), wohnhaft XXXX vertreten durch:
RAe. Hartmut Wächtler und Partner, Schellingstr. 52, 80799 München,
ergeht folgende Entscheidung:
Die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens werden abgelehnt.

Begründung:
Die Antragsteller, türkische Staatsangehörige und kurdischer Volkszugehörigkeit, haben bereits unter Aktenzeichen 163-34476-88 (Antragsteller zu 1) und B 1116829-163 (Antragsteller zu 2) und 3) Asyl im Geltungsbereich des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) beantragt.

Die vorhergehenden Verfahren wurden am 07.01.1994 unanfechtbar abgeschlossen.

Am 21.03.1994, eingegangen beim Bundesamt am 22.03.1994, stellten sie erneut Asylanträge.

Zur Begründung des Antrages trugen sie vor, dass am 14.01.1994 in der türkischen Zeitung „Gün-
dem“ eine Anzeige von ihnen erschienen sei, in welcher gegen die Politik der Ausbeutung, Assimi-
lierung und Ermordung des kurdischen Volkes protestiert wird, der Antragsteller zu 1) habe am 05.02.1994 in München an einer Veranstaltung teilgenommen und habe hierbei die Ausbeutung und Unterdrückung des kurdischen Volkes angesprochen. Am 08.02.1994 habe er im Radiosender … München ein Interview gegeben, in welchem er die türkische Regierung angriff. Im übrigen habe er im Februar 1994 in der Zeitschrift „Kurdistan“ einen namentlich gekennzeichneten Artikel " verfasst, in welchem er die türkische Politik heftig angriff. Außerdem, so trugen die Antragsteller vor, habe sich die Situation der Kurden in der Türkei vehement verschärft. Hinsichtlich der Einzel-
heiten wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen. Die Anträge auf Durchführung von weite-
ren Asylverfahren werden abgelehnt. Bei den vorliegenden Anträgen handelt es sich um Folgean-
träge nach § 71 Abs. 1 AsylVfG. Weitere Asylverfahren sind danach aber nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bereits bei An-
tragstellung erfüllt sind, mithin Wiederaufnahmegründe vorliegen. Hierfür ist erforderlich, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG erfüllt sind, d.h. die Antragsteller müssen darlegen, dass sie ohne grobes Verschulden außerstande waren, den Wiederaufnahme-
grund bereits im früheren Verfahren geltend zu machen und dass sie die Folgeanträge binnen drei Monaten, nachdem ihnen der Wiederaufnahmegrund bekanntgeworden war, gestellt haben. Zudem muss die nachträgliche Änderung der Sach-, Rechts- bzw. Beweislage so substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen werden, dass eine positive Entscheidung nunmehr möglich erscheint. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Antragsteller haben nicht glaubhaft dargelegt, dass sich die Sach- und Rechtslage i.s.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG seit Bestands-
kraft des Erstverfahrens zu ihrer Gunsten geändert hat. Die geschilderten exilpolitischen Tätigkei-
ten des Antragstellers zu 1) reichen in ihrer Intensität nicht aus, um – nach einer Rückkehr in ihre Heimat – eine politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als möglich erscheinen zu lassen. Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes besteht eine politische Verfolgungsgefahr nicht deshalb, weil der Antragsteller zu 1) kritisch zur türkischen Politik in verschiedenen Medien Stellung genommen hat. Die als wahr unterstellte exilpolitische Betätigung ist zu wenig herausge-
hoben und öffentlichkeitswirksam, als dass man aus ihr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auf ein den Antragstellern geltendes Beobachtungsinteresse der türkischen Sicherheitsbehörden schließen könnte. Somit kommt die Durchführung weiterer Asylverfahren nicht in Betracht. Einer erneuten Abschiebungsandrohung bedarf es gem. § 71 Abs. 5 AsylVfG nicht. Die beigefügte Rechts-
behelfsbelehrung ist Bestandteil diese Bescheides.


Wolfram Kastner/Franz Kochseder, Vergessen – eine deutsche Straße – Weg nach Dachau – ein Ausstellungsprojekt. 31.3 – 14.5.1995, München 1995, 72.

Überraschung

Jahr: 1994
Bereich: Flüchtlinge