Flusslandschaft 2016

Gedenken

Nach dem grundsätzlichen, einstimmigen Beschluss des Ältestenausschusses des Münchner Stadt-
rats im Frühjahr 2015, das Gustav Landauer-Denkmal auf dem Münchner Waldfriedhof wieder-
herzustellen, hat die Vollversammlung des Münchner Stadtrats nun Mitte November 2015, wie-
derum einstimmig, beschlossen, für die Wiederrichtung des Gedenkstein für Gustav Landauer 20.000.- € bereitzustellen. Für die Gestaltung wird ein Wettbewerb ausgelobt. Eine Fachjury ent-
scheidet dann, welcher der eingereichten Entwürfe zum Zuge kommt. Nun steht auch bereits der Termin für die Jurysitzung zur Errichtung des Gedenksteins fest: 18. April 2016 im Palais Lerchen-
berg in München. Ausgelobt wurde ein Gestaltungswettbewerb für 7 Steinmetz- bzw. Steinbild-
hauerbetriebe; spätester Abgabetermin ist der 31. März d.J.

„SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS RUHM UND EHRE“ Dieser Satz prangt von einem Krie-
gerdenkmal des 1. Weltkrieges, das auf dem Areal des Bundeswehrverwaltungszentrums in der Dachauer Straße in München steht. Weil der Münchner Kriegsgegner und Aktionskünstler Wolf-
ram Kastner diese historische Lüge korrigieren wollte,muss er sich vor dem Amtsgericht München verantworten. Kastner schrieb zunächst an das Bundesverteidigungsministerium und schlug die Ergänzung des Denkmals um einen Text vor, der nicht das sinnlose und furchtbare Schlachten des Krieges verherrlicht, sondern die Toten betrauert und zum Frieden mahnt. Die ernüchternde Ab-
sage aus Berlin lautete: Bei dem Denkmal handle es sich um ein „historisches Sachzeugnis“, das gemäß den Zielsetzungen des Denkmalschutzes „dauerhaft“ und „möglichst unverfälscht“ erhalten bleiben solle. Gänzlich unverfälscht blieb das Denkmal jedoch nicht. In einer ästhetischen Inter-
vention entfernte Wolfram Kastner zusammen mit seinem Künstlerkollegen Hans-Peter Berndl aus der geschichtsfälschenden und kriegstreiberischen Inschrift ein R, ein U, ein H, ein M und ein D, so dass sie nun zeigte „SIE STARBEN FÜR DEUTSCHLANDS UNEHRE“ und schickte die abmon-
tierten Lettern an Frau Dr. Ursula von der Leyen mit dem Bemerken, ob man im Führungsstab auch nach 100 Jahren noch nicht begriffen habe, dass das Sterben im Kriege keineswegs zu „Deutschlands Ruhm und Ehre“ gereichte. In einer weiteren Kunstaktion – nach Wiederanbrin-
gung der Buchstaben – versahen Wolfram Kastner und Hans-Peter Berndl das Denkmal mit einer Tafel, die den Text trug: „Wir trauern um alle, die im Weltkrieg 1914 – 1918 / grausam und sinnlos ihr Leben verloren. / Die Toten mahnen uns, mit allen Kräften / für Frieden zu sorgen und Kriege zu verhindern.“ Diese für die Allgemeinheit nützlichen, erforderlichen und längst überfälligen Verbesserungen des Denkmals durch die beiden Kunstaktionen wertete die Staatsanwaltschaft München I als gemeinschädliche Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe und beantragte Strafbefehle gegen Wolfram Kastner und Hans-Peter Berndl, über die am Freitag, den 23. Septem-
ber, um 14.00 Uhr beim Amtsgericht München auf Sitzungssaal A 124 verhandelt wird.

Matrose und KPD-Mitglied Rudolf Egelhofer (1896 – 1919) war während der Münchner Räterepu-
blik im April 1919 Stadtkommandant von München und Anführer der „Roten Armee“. Er wurde von Angehörigen der Weißen Truppen nach seiner Gefangennahme am 3. Mai 1919 ermordet. Fünf Tage später wurde er im Nordfriedhof, Sektion 105, Reihe 5, Grab Nr. 6 beerdigt. Hier wurde 1934 auch der Vater Fritz und später die Mutter Maria bestattet. Ab 1949 wurde die Grabstelle mehr-
mals anderweitig vergeben, sie stand seit 2001 zur Vermietung. Während Egelhofer in den folgen-
den Jahrzehnten in der BRD vergessen wurde, erinnerte die DDR an ihn mit einem Denkmal, Straßennamen, der Benennung von Schulen und Schiffen der Volksmarine. Nach 1990 wurden diese Denk-Male abgewickelt. 2018/19 jähren sich die Ereignisse in München zum hundertsten Male. Dazu gründete sich das plenum R, ein Zusammenschluss von Menschen, die verschiedenste Aktionen zum Jubiläum vorbereiten.1 Der Arbeitskreis Denkmäler hat das Egelhofer-Grab 201-5 angemietet und am 29. Oktober diesen Jahres an der Grabstelle eine provisorische Erinnerungs-
tafel angebracht.


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1 Siehe http://plenum-r.org/.

2 Fotos: Günther Gerstenberg

Überraschung

Jahr: 2016
Bereich: Gedenken