Materialien 1970

Zur Geschichte der IGS

Ich war damals stellvertretender Vorsitzender des SPD Ortsvereins Lehel. Ich führte den Orts-
verein praktisch alleine, da der Vorsitzende Herr Alteneder inaktiv war. Im Frühjahr 1970 ging ich zum Bezirksausschuss des Stadtviertels. Dort berichteten zwei Studenten über die Pläne der Stadt München, die wesentlichen Einfluss auf die derzeitigen Bewohner hatten: Durch die Änderungen des Flächennutzungsplan (nach einer derzeitigen Erinnerung) hätten sich die Versicherungskon-
zerne sehr leicht durchsetzen können. Die Mietpreise für Wohnungen betrugen damals ca. 1,60 DM und für Büromieten 16,00 DM. Das Lehel hatte damals ca. 23.000 Einwohner. Bei diesem Preisunterschied wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis alle Wohnungsmieter durch Büro-
mieter ersetzt worden wären.

Ich änderte daher die nächste SPD Ortsvereinsitzung, lud einen Theologieprofessor aus diesem Grund aus, und setzte das Thema Stadtsanierung auf die Tagesordnung. Während der Ortsver-
einsitzung entschieden wir, einen eigenen Verein zu diesem Thema zu gründen. Während der Ortsvereinsitzung lernte ich Herrn Lorenz Lichtl (im Lehel geht ein Lichtl auf) kennen, der gerne in der SPD aktiv werden wollte. Ich fragte ihn, ob er den Vorsitz des Vereins übernehmen wolle, da ich ein halbes Jahr später in die USA zu einem Ausstauschstudium im Rahmen meiner Referendar-
zeit musste. Herr Lichtl willigte ein und ich muss sagen, dass er eine vorzügliche Arbeit geleistet hatte. Er hatte zwar vorher nur einen Campingverein geleitet, wusste jedoch, wie man mit den Be-
troffenen reden musste. Ich hätte das nicht besser können.

Mir war es wichtig, dass wir bei dieser Initiative die beiden anderen Parteien mit einbeziehen soll-
ten. Die Ehefrau des späteren Bundesjustizminister Frau Engelhard wurde Schriftführerin des Vereins. Ein CSU Mitglied hatte die meisten Flugblätter verteilt.

Die ersten Flugblätter entwickelten Herr Lichtl und ich gemeinsam. Herr Martin Fürstenberg hatte sich insbesondere aktiv im Bereich von Recherchen im Bezug auf Stellungnahmen und Entschei-
dungen im Rathaus gezeigt. Nicht vergessen darf ich Herrn Richter sowie Herrn RA. Konrad Kittl. Letzterer half mir bei der Zusammenstellung der Lehel Nachrichten.

Herr Oberbürgermeister Jochen Vogel war leider nur bereit, uns im Rahmen eines ZDF Live Inter-
views anzuhören. Für die Vorbereitung der Fragen war Herr Fürstenberg zuständig. Nach meiner Erinnerung wurde das Live Interview von Herrn Vogel abgebrochen, weil wir zu unangenehme Fragen stellten.

Herr Lichtl und ich hatten nach der Gründung des Vereins (der Verein wurde nach einer Erinne-
rung nie eingetragen) zwei Veranstaltungen geplant und durchgeführt, zu der ich aus das Fern-
sehen eingeladen hatte. Die Wirkung war enorm. Wir hatten ca. 350 Unterschriften gesammelt, die unser Vorhaben unterstützten. Ab Juli 1970 war ich dann nicht mehr in München.

Unsere Forderungen von damals klingen heute sehr banal:

- die Innenstadt muss (bezahlbares) Wohngebiet bleiben
- bei einer Stadtsanierung muss ein Sozialplan aufgestellt werden
- ältere Bürger müssen ein Rückkehrrecht nach der Sanierung erhalten (Änderung des Mietgeset-
zes)
- bei lokalen Aktionen muss eine eine Zusammenarbeit aller Betroffenen unabhängig von deren Parteizugehörigkeit geben, wenn es um Interessen der Bewohner vor Ort gegenüber überregio-
nalen Projekten gibt (Grundsatz einer Bürgerinitiative)

Amüsanterweise erhielt ich während dieser Aktionen eine Einladung (6 Seiten) der DKP. Ich ließ das Schreiben sofort verschwinden, weil ich in keiner Weise mit dieser Partei zusammen arbeiten wollte.

Eike Winckler
im Oktober 2017

Überraschung

Jahr: 1970
Bereich: Stadtviertel