Materialien 2017

Der 1. Mai gehört der ganzen Arbeiterbewegung

An die DGB-Vorsitzende München
Simone Burger
Schwanthalerstraße 64,
80336 München

München, 9. Mai. 2017

Liebe Kollegin Simone Burger,

wir wenden uns heute an Dich wegen verstörender Vorkommnisse am 1.Mai.

Tatsächlich wurde beim Start der 1.Mai-Demonstration in der Schwanthalerstraße der Block der teilnehmenden kurdischen Kolleginnen und Kollegen brutal von der Polizei angegriffen, ein Transparent unter lächerlichen Begründungen beschlagnahmt und ein Teilnehmer deshalb sogar festgenommen! Er muss wohl mit einer Anzeige rechnen.

Wir verurteilen das Vorgehen der Polizei gegen kurdische Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der 1. Mai Demonastrion des DGB.

Wir fragen: Was hat sich die Polizei in die 1.Mai Demonstration des DGB einzumischen? Warum gab es keine Proteste und keinen Schutz durch die DGB-Ordnerinnen und Ordner? Wir wehren uns gegen die Kriminalisierung der Symbole von PYD, YPD und YPJ, alles Organisationen der kurdisch-syrischen Befreiungskampfes. Das reaktionäre PKK-Verbot wurde auf Wunsch Erdogans mit Hilfe der Bundesregierung auf diese Organisationen ausgedehnt. So wurde durch die Polizei das Demonstrationsrecht für unsere Kolleginnen und Kollegen behindert, und die Polizei hat sich zum verlängerten Arm Erdogans gemacht.

Das, nachdem in der Woche zuvor Rojava und Shengal durch Erdogans Truppen unrechtmäßig bombardiert wurden. Gerade dagegen protestieren doch unsere kurdischstämmigen MitbürgerIn-
nen und Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen. Welch schmerzliche Stimmung würden solche Angriffe bei jedem von uns auslösen, wären wir betroffen? Die Solidarität der Arbeiterschaft ist aber eine brüderliche Pflicht, die gerade am 1. Mai zum Ausdruck kommen muss.

Diese verfolgten Organisationen haben am effektivsten gegen den faschistischen IS gekämpft, die Stadt Kobanê befreit und den Jesiden Schutz und Rettung geboten. Befreites Kobanê, das Leucht-
feuer für wirkliche Ursachenbekämpfung in der Flüchtlingsproblematik, weil dort bereits mehr als 150.000 Menschen zurückkehren konnten, 1.500 Kinder friedlich zur Welt kommen konnten. Der kurdische Befreiungskampf ist Teil der internationalen Arbeiterbewegung und muss gleichberech-
tigt Platz haben am 1. Mai. Revolution ist kein Verbrechen. Wer einen von uns angreift, greift uns alle an. Hoch die internationale Solidarität.

Wir erwarten vom DGB, dass er sich mit den Betroffenen solidarisiert und entsprechende Stellung-
nahmen bei der Polizei einfordert, für Rücknahme der Anzeige eintritt und weitere Übergriffe der Polizei am 1. Mai unterbindet.

Der 1. Mai gehört der ganzen Arbeiterbewegung, aber nicht der politischen Verfolgung durch die Polizei.

Mit gewerkschaftlichen Grüßen
Marion Schmidt
(40 Jahre Mitglied in ver.di) – Vorstand – Internationalistisches Bündnis