Flusslandschaft 2018

Frieden/Abrüstung

Am 9. Februar lassen ein Mann und eine Frau Flugblätter in den Lichthof der Universität flattern. In einem Bekennerschreiben heißt es:

Auch in diesem Jahr finden die Ostermärsche mit über 100 angekündigten Aktionen und Veran-
staltungen in allen Teilen Deutschlands statt. Die aktuellen Kriege und die weitere Militarisierung der Politik sind der Grund für vermehrte Aktionen der Friedensbewegung. Statt weiterer Erhöhung der Rüstungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistungen (NATO-Ziel) sollten die dafür vorgesehenen Geldmittel von rund 30 Milliarden Euro für Bildung, Gesundheit, Umwelt und Woh-
nen verwendet werden. Die Friedensbewegung engagiert sich an Ostern für einen grundlegenden Politikwechsel, um Kriege, Gewalt und Unterdrückung, Hunger und Massenelend zu beenden. Der wachsenden Kriegsgefahr tritt sie durch die Forderung nach einer neuen Entspannungspolitik ent-
gegen. Ferner wird von der Bundesregierung gefordert, den von der großen Mehrheit der UN-Mit-
gliedsstaaten beschlossenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zu unterstützen. Der Bundes-
tagsbeschluss von 2010 zum Abzug der US-Atomwaffen am Standort Büchel muss umgesetzt wer-
den. Pläne zur Aufrüstung der Atomwaffen sind zu stoppen. Der Ostermarsch beginnt am Samstag, 31. März, um 11 Uhr auf dem Pariser Platz in Haidhausen. An der Demonstration zum Marienplatz beteiligen sich exakt 1.010 Nenschen.1

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI errechnet für 2017 die Militärausgaben der Nationalstaaten und ermöglicht zudem Steigerungsraten und Ausgabenkürzungen über die Jahre zu vergleichen, indem sie inflationsbedingte Verzerrungen heraus rechnet: Russland hat seine Militärausgaben von 69,3 Mrd. (2016) auf 55,3 Mrd. Dollar (2017) gesenkt. Das sind exakt 20 Prozent weniger! Russland belegt damit weltweit nur noch Platz 6 (hinter den USA, China, Saudi-Arabien, Indien und Frankreich) nach Platz 3 im Jahr 2016. Der russische Präsident hat angekün-
digt, auch 2018 und 2019 die Rüstungsausgaben weiter senken zu wollen. Wer angesichts dieser Tendenz weiterhin Russland Kriegsabsichten gegen NATO-Länder unterstellt, für Aufrüstung gegen Russland trommelt, NATO-Manöver in Ost-und Südeuropa abhält und Sanktionen gegen Russland aufrecht erhält, erhöht die Spannungen, obwohl die russischen Signale als Entspan-
nungsversuch zu werten sind. Die Ausgaben der 29 NATO-Staaten summierten sich 2017 auf 881 Mrd. Dollar. Verglichen mit Russland ist das fast das 16 fache. Wenn angesichts dieser klaren Faktenlage die NATO an ihrem Ziel weiterhin festhält, dass ihre Mitglieder 2024 möglichst 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgeben sollen, was für die Bundeswehr eine Verdoppelung ihrer Ausgaben auf (nach NATO-Kriterien) etwa 80 Mrd. Euro bedeuten würde, handelt realitätsfern und unverantwortlich. Der Aufrüstungs- und Konfrontationskurs der NATO gegen Russland provoziert russische Gegnmaßnahmen und schürt ein neues Wettrüsten, von dem wir wünschten, es wäre auch mit dem Ende des Kalten Krieges beendet.2

„Am 1. September 1939 begann mit dem faschistischen Überfall auf Polen der Eroberungs- und Vernichtungskrieg Hitlerdeutschlands mit über 55 Millionen Toten und dem Völkermord an Ju-
den, Sinti und Roma. Die Lehre aus diesen Verbrechen heißt: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg! Heute erleben wir einen neuen dramatischen Rüstungswettlauf und Deutschland ist mit dabei. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Militärausgaben in den kommenden Jah-
ren kontinuierlich steigen und sich bis 2024 auf rund 80 Milliarden Euro verdoppeln, Milliarden die im sozialen Bereich fehlen, im Bildungssektor, dem sozialen Wohnungsbau, Altenpflege und Schutz der Umwelt. Dieser Wahnsinn muss beendet werden. Wir treten ein für Abrüstung statt Aufrüstung und für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Für die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und den Stopp aller Waffenexporte. Wir wenden uns gegen Rassismus und  Nationalismus, die der Vorbereitung weiterer Kriege dienen.“ Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus, Münchner Friedensbündnis, Münchner Frauen-Aktionsbündnis 8. März. Die Kundgebung zum Antikriegstag findet am Samstag, 1. September, 14 — 17 Uhr vor dem Richard Strauß Brunnen in der Fußgängerzone, Neuhauser Str. 8, statt.3

Mit 1822 Mrd. US-Dollar beziffert SIPRI die weltweit getätigten Militärausgaben im Jahr 2018 mit einem Anstieg von 46 Mrd. Dollar in nur einem Jahr. Allein der Zuwachs ist so groß wie der Etat einer Militärmacht wie Japan: 46,6 Mrd. $. Auf die USA entfielen 59% des Zuwachses (27 Mrd. $); auf China 26% (12 Mrd. $). Die globalen Rüstungsausgaben hatten einen Anteil von 2,1% des Welt-BIP. Pro Erdenbürger betrugen die Kosten für Wehr und Waffen 239 $ (214 €). – Unter den Top 15 befinden sich sieben NATO-Staaten: USA, Frankreich, UK, Deutschland, Italien, Kanada, Türkei. Sie bringen es auf fast die Hälfte (48,6%) der weltweiten Militärausgaben. Alle 29 NATO-Mitglie-
der verpulvern 54% (963 Mrd. $) der Welt-Rüstungsausgaben. Mit den NATO-Kooperations-Staa-
ten (u.a. Japan, Australien, Südkorea, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ukraine) sind es 70%. Die von der NATO als „Rivalen“ klassifizierten Staaten – Russland u. China stehen für 17,4%. Deutschland hat in den vergangenen Jahren den Rüstungsetat stark erhöht: 2019 gegen-
über 2014 um 25%, 43,2 Mrd. € zu 32,45 Mrd. €. Projektion Rüstungshaushalt: bis 2024 mindes-
tens 1,5% des BIP = etwa 58 bis 60 Mrd. €; (NATO-Vorgabe 2% werden weiter als Ziel angestrebt). – 239 $ (214 €) betrugen im Vorjahr pro Erdenbürger die Kosten für Militär und Waffen. Ob Kind, Frau, Mann, ob arm oder reich. Über 700 Millionen Menschen auf der Welt leben in extremer Ar-
mut (weniger als 1,90 $ pro Tag). Für sie bedeuten die 239 $ (214 €) mehr als ein Drittel (34,5%) ihres Jahreseinkommens.4 – Hunger: Seit 2016 nimmt der Hunger in der Welt wieder zu. Laut dem Welternährungsprogramm der UNO leiden rund 821 Millionen Menschen weltweit an Hunger (Stand 2017). Jedes Jahr sterben etwa 9 Millionen Menschen (darunter 3,1 Millionen Kinder) an Hunger – alle drei Sekunden stirbt ein Mensch. Um den Hunger auf der Welt bis 2030 auszurot-
ten, müssten nach einer UN-Studie ab 2016 jährlich 280 Milliarden Dollar zusätzlich investiert werden: etwa 15% der jährlichen (2018) Militärausgaben. – Entwicklungshilfe: Während die Welt-Militärausgaben 2018 um 2,6% anstiegen, ging die Weltentwicklungshilfe um 2,7% zurück, beson-
ders an die Länder, die sie am nötigsten haben. Sie betrug 153 Milliarden Dollar – 8,4% der globa-
len Militärausgaben. Wobei zu beachten ist, dass selbst diese Almosen (im Vergleich zur Rüstung) zum Teil nur als Kredite gegeben werden, die von diesen Ländern häufig für den Schuldendienst (Zinsen + Tilgung) verwendet werden müssen.

(zuletzt geändert am 6.8.2019)


1 Siehe die Fotos vom „ostermarsch“ von Günther Gerstenberg.

2 Siehe https://abruesten.jetzt/.

3 Siehe das Gedicht „Der Krieg“ von Wolfgang Blaschka.

4 https://www.dw.com/de/sipri-milit%C3%A4rausgaben-steigen-weiter/a-48501719

Überraschung

Jahr: 2018
Bereich: Frieden/Abrüstung