Flusslandschaft 2017
Militanz
Am 19. Mai fährt um 15.17 Uhr in der Frühe ein Auto auf den Marienplatz. Ein Mann steigt aus, überschüttet sich aus einem Kanister mit Benzin und geht in Flammen auf. Eine Stunde später stirbt er im Krankenhaus. Auf sein Auto hat der Selbstverbrenner mit Filzstift Parolen geschrieben. Nur zwei von ihnen werden in den Medien zitiert: „Nie wieder Krieg von deutschem Boden“ und „(Anis) Amri war nur die Spitze des Eisbergs“. Ja, was nun? Die Verwirrung im Publikum ist groß angesichts des einerseits pazifistischen Stoßseufzers und andererseits der Warnung vor einer isla-
mistischen Verschwörung. Das passt in kein Schema. Achselzuckend kehren die Münchnerinnen und Münchner zu ihrem Alltagsgeschäft zurück. Der namenlose und vielleicht verwirrte Mann, der sich auf dem Marienplatz verbrannte, bleibt eine winzige Fußnote in der Geschichte. Vielleicht taucht er einmal in einem Gedicht auf oder in einem Theaterstück …
Im Oktober stehen in der Maxvorstadt und in Schwabing zwei Autos von Maklern in Flammen. Die Täter waren vermutlich Gentrifizierungsgegner.