Flusslandschaft 2019

Frauen

Immer am 25ten eines Monats, also am Freitag, 25. Januar, versammeln sich christlich-funda-
mentalistische Abtreibungsgegner*innen ab 11 Uhr vor der Beratungsstelle profamilia in Tür-
kenstraße 103, um gegen den „Mord am ungeborenen Leben“ zu protestieren. Gegendemonstran-
tinnen wollen dagegen einen sicheren und einfachen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und eine Gesellschaft, in der es möglichst keine ungewollten Schwangerschaften mehr gibt. Das Schau-
spiel wiederholt sich am Montag, 25. Februar, und Montag, 25. März.

„In München … protestierte eine Genossin gegen eine Veranstaltung fundamentalistischer Abtrei-
bungsgegner*innen und wurde von der Polizei wegen der vermeintlichen Störung einer Versamm-
lung abtransportiert und in Gewahrsam genommen. In der Folge wurde ihr ein Bußgeld auferlegt, gegen welches erfolgreich Einspruch eingelegt wurde. Die bayerische Polizei schickte ihr dennoch eine Rechnung über 108 Euro für die ‚Anwendung unmittelbaren Zwangs‘ zu. Dieser durch das Bayerische Polizeiaufgabengesetz legitimierten Dreistigkeit konnte sie sich leider nicht erwehren. Wir tragen die Hälfte der entstandenen Kosten.“1

Beim zweiten bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Keine Kompromisse! Sexuelle Selbstbe-
stimmung ist nicht verhandelbar. Weg mit § 219a!“ am 26. Januar fordert ein breites gesellschaft-
liches Bündnis in über 30 Städten verteilt über das Bundesgebiet, dem „Kompromissvorschlag“ der Bundesregierung zur Neuregelung des § 219a StGB eine klare Absage zu erteilen. 5.000 bis 6.000 Menschen beteiligen sich bundesweit an den Aktionen. Im Sinne der Informationsfreiheit für un-
gewollt Schwangere sowie der Entkriminalisierung von Ärzt*innen wird der Bundestag aufgefor-
dert, § 219a endlich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. In München findet die Kundgebung auf dem Marienplatz statt. Die pro familia Bundesvorsitzende Prof. Davina Höblich erklärt: „Die Pro-
teste am heutigen Samstag sind ein deutlicher Hinweis auf die Stimmung im Land. Es ist nicht nachzuvollziehen weshalb der § 219a StGB immer noch im Gesetz steht. Er kriminalisiert Ärzte und Ärztinnen und behindert Frauen, Männer und Paare in der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Rechte auf Information und selbstbestimmte Entscheidungen rund um Familienplanung. Die Fol-
ge sind eine anhaltende Tabuisierung des Schwangerschaftsabbruchs, ein fortbestehendes stigma-
tisierendes Frauenbild und eine sich verschlechternde medizinische Versorgungslage. Ich fordere daher insbesondere die Abgeordneten von SPD, Grüne, Linke und FDP auf, sich für diese sinnvolle Reform des Strafgesetzbuches weiterhin stark zu machen: Der § 219a muss weg.“2

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Anfang März an einem Pfeiler in der Schwanthalerstraße

Gewerkschaftsfrauen rufen zur Kundgebung mit anschließender Demonstration am 8. März, dem Internationalen Frauentag, um 16 Uhr auf dem Marienplatz auf. Etwa Tausend Frauen und einige Männer sind anwesend. Sie wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern durch verbindliche und wirksame europäische Regelungen,
⸎ um gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durchzusetzen,
⸎ für gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt, auch um Beruf und Familie besser unter einen Hut zu kriegen, unabhängig vom gelebten Familienmodell,
⸎ für mehr Frauen in Führungspositionen und auf allen Führungsebenen in Wirtschaft und Politik,
⸎ für gute öffentliche Dienstleistungen und gerechte soziale Sicherungssysteme,
⸎ für faire Chancen auf eine eigene Existenzsicherung, für ein selbstbestimmtes Leben.

Der Equal Pay Day findet am 18. März von 16 bis 17 Uhr auf dem Marienplatz/Fischbrunnen statt. Der Aktionstag richtet sich gegen Lohnungleichheit, da das Durchschnittsgehalt von Frauen nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes immer noch 21 Prozent, in Bayern sogar um 24 Prozent niedriger ist als das von Männern. Während der Protestaktion waschen die Frauen entsprechend dem Aschermittwochsbrauch ihre Geldbeutel im Fischbrunnen, um die Kassen zu füllen: „Die Zahlen auf den Gehaltszetteln sind rot – die Farbe unseres Protestes ist rot, kommt zahlreich und bringt alle rotes Outfit mit! Musikalische Unterstützung haben wir durch die Quetschenweiber, außerdem gibt es viele Überraschungs-Preise.“


Am 11. Mai drohen „1000 Kreuze für das Leben“. Die Abtreibungsgegner treffen sich um 14.30 Uhr vor dem Dom auf dem Frauenplatz. Die Pro Choice-Bewegung schreibt: „Am 10. Mai feiern wir UNSER LEBEN & UNSERE ENTSCHEIDUNGEN und tragen unsere queerfeministischen Positio-
nen auf die Straße. Mit viel Glitzer, Flitter und Musik demonstrieren wir gegen fade, graue Nor-
men. Los geht es um 19 Uhr am Alten Botanischen Garten (Karl-Stützel-Platz). Am 11. Mai sabotie-
ren wir die selbst ernannten „Lebensschützer*innen“ unter dem altbekannten Motto: IHR KÖNNT UNS KREUZWEISE! Es wird verschiedene Kundgebungen und Aktionen geben, um den Funda-
mentalist*innen den Tag so richtig zu versauen. – In Zeiten rechter Massenmobilisierungen gilt es zusammenzuhalten und Erkämpftes zu verteidigen. Denn die selbst ernannte „Lebensschutz“-Be-
wegung profitiert maßgeblich vom Rechtsruck und verbreitet mit ihren Vorstellungen der hetero-
sexuellen, weißen Kleinfamilie gleichzeitig bewusst (extrem) rechte Positionen. Mit den sogenann-
ten „1000 Kreuze Märschen“ fordern sie ein generelles Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen und verbreiten ihr christlich-fundamentalistisches Weltbild. Sie geben vor, „für das Leben“ zu sein, vertreten vermeintlich die „Kultur des Lebens“… das ist blanker Hohn angesichts der vielen tau-
send Menschen, die jedes Jahr weltweit an den Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs sterben und der rund sieben Millionen Menschen, die schwerwiegende Komplikationen erleben, weil sie keinen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen haben. – Pro Choice bedeutet nicht pro Abtreibung! Doch die Welt in der Abbrüche nicht mehr vorkommen, gibt es nicht. Abtreibungen hat es schon immer gegeben und wird es immer geben. Darum kämpfen wir dafür, dass ungewollt Schwangere eine Entscheidung treffen können, ohne von radikalen Fundamentalist*innen unter Druck gesetzt, von der Gesellschaft stigmatisiert oder vom Staat kriminalisiert zu werden.  Die ekelhaften Positionen selbst ernannter Lebensschützer*innen dürfen nicht unwidersprochen blei-
ben – egal ob in Berlin, Salzburg, Bern, München oder sonstwo auf der Welt. Darum lasst uns am 10. und 11. Mai gemeinsam auf die Straße gehen.  Wir leben, wie wir wollen, und wir entscheiden, wie wir wollen!“  
Die Demonstrantinnen wollen
◙ ein Umdenken in der Gesellschaft! Es darf keine Rolle spielen,
◙ ob Menschen mit oder ohne Behinderung auf die Welt kommen. Wir sind gegen eine normative Selektion durch pränatale Diagnostik.
◙ welche Sexualität, Geschlechtsidentität- und welchen Ausdruck du lebst. Die sogenannte „Kon-
versionstherapie“ ist Folter.
◙ ob Menschen intergeschlechtlich oder trans-maskulin sind, wenn sie schwanger sind, müssen ihnen Beratungsstellen offen stehen.
Die Demonstrantinnen fordern
◙ die sofortige Streichung der Paragraphen 218 und 219a StGB. Die Kriminalisierung von Schwan-
geren und Ärzt*innen muss endlich aufhören,
◙ mehr Kliniken und Praxen, in denen ein Abbruch vorgenommen werden kann,
◙ die volle Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen.
◙ dass Schwangerschaftsabbrüche verpflichtender Teil der medizinischen Ausbildung werden,
◙ dass Ärzt*innen Abbrüche nicht mehr ohne die Angabe von Gründen verweigern können und
◙ den kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln.4

Am 14. September weisen Radikalfeministinnen in der Sendlinger Straße 8 mit ihrer Aktion „147 Schleifen – 147 Femizide“ darauf hin, dass 2017 147 Frauen von ihrem (Ex-)Partner ermordet wurden. In der ersten Jahreshälfte 2019 kam es zu mindestens 42 Femiziden.5

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In der Theresienstraße am 20. September

Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen leuchten am Montag, 25. November, von 17 bis 23 Uhr mehrere öffentliche Gebäude in orange, darunter unter anderem die Allianz Arena, der Olympiaturm, der Gasteig, das Künstlerhaus und das Klinikum rechts der Isar. Die Aktion „Orange your City“ ist Teil einer Kampagne der Vereinten Nationen, organisiert in der Aktion „ZONTA Says NO“. Die Demonstration der Frauen gegen Gewalt beginnt um 16.30 Uhr auf der Münchner Frei-
heit.

(zuletzt geändert am 24.11.2019)


1 Die Rote Hilfe. Zeitung der Roten Hilfe e.V. 2/2019, 4.

2 Siehe die Bilder der Kundgebung „weg mit dem paragraphen 219a“ am 26. Januar von Richy Meyer. Siehe auch https://www.facebook.com/events/587824568310432/ und https://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/11077/aufruf-keine-kompromisse/?fbclid=IwAR01Eda9FaL-iKaJEeJ9SKLHz94Ba8J7O_PXvo_5-ZXRvkUQWsjTG8zpIR0.

3 Foto: Jessica di Rovereto

4 Siehe die Bilder der Demonstration „pro choice“ am 10. Mai von Franz Gans.

5 Siehe Fotos von der Aktion „147 schleifen – 147 femizide“ am 14. September von Cornelia Blomeyer und Günther Gerstenberg.

6 Foto: Richy Meyer

Überraschung

Jahr: 2019
Bereich: Frauen