Materialien 2007

+++ 7 überflüssige

dringen sanft in u- und s-bahnen ein + + + ihre botschaft: über 80.000 münchnerInnen können sich dank hartz IV, sozialgeld & co. keine monatstickets mehr leisten + + + … isoliert zuhause im offenen strafvollzug … seit neuestem auch in münchen: rote kapuzen und weisse masken zeigen, wo in der weltstadt mit herzkatheter das abgehängte prekariat seinen platz hat: im off … – regel-
satzvertriebene, an den sozialen und geografischen rand gedrängt. + + + warum das? denn wisse: das günstigste monatsticket für fahrten im münchner innenraum kostet derzeit euro 35,40. und nun siehe: hartz IV sagt: euro 18,11 müssen reichen, für alle fahrten von beziehern von ALG II oder grundsicherung. also wähle selbst: zuhause verzweifelt sich´s am schnellsten oder gehen sie in das gefängnis als schwarzfahrer. sie wollen heute nämlich ganz nah bei ganz vielen menschen sein. wollen zeigen, dass wir alle im selben zug fahren: die ausgebeuteten + die überflüssiggemachten. und dass immer mehr nicht mehr das geld für irgendeinen zug haben. kalt ausgeschlossen. eiskalt kalkuliert. die überflüssigen sind mit diesen ausgegrenzten solidarisch. auf ihren postern steht: menschenwürde braucht mobilität – freie fahrt für alle. ihre flugblätter verraten: wer aus dem kreis der verwertbaren fällt, fährt bald nur noch in diesem zug: im (offenen) strafvollzug! die überflüssi-
gen haben verdientes glück: kein repressionsorgan stürzt sich auf sie, trotz mehrfachem umsteigen und minutenlangem posieren in den u- und s-bahnschächten. und: viele menschen lächeln in ihre masken, lesen die flugblätter, nicken. alles läuft ruhig und fast ehrfurchtsvoll, auch in den engen zügen. dann staunen die überflüssigen: sie entdecken den 3. münchner bürgermeister hep monatz-
eder, kauernd im u-bahn-abteil. offensichtlich und zurecht ist ihm nicht behaglich zumute. schnee-hepchen und die 7 zwerge? nein, die überflüssigen outen ihn nicht, denn sie kämpfen ja für daten-
schutz. und sie nehmen keine geiseln, denn sie erleben jeden tag, wie das ist als geisel des kapitals. stattdessen ziehen sich die roten trainingsanzüge nach der halbstündigen aktion geordnet und zu-
frieden zurück aus der höhle des bayerischen löwen. hunderte haben sie gerade hautnah erlebt. rote pilze spriessen auch auf dem mit niedriglohn und hartz-IV-repression wohlgedüngten sozialen boden in bayern. viele meinten, von den tonlosen weissen lippen ein versprechen abgelesen zu ha-
ben: wir kommen wieder, keine frage.


MITLINKS Nr. 19 – Mai 2007, 16.

Überraschung

Jahr: 2007
Bereich: Armut