Flusslandschaft 2019
Atomkraft
Zur Zeit lagern bundesweit mehr als 1.000 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen in drei zentralen und zwölf dezentralen Zwischenlagern. Die Genehmigungen für Lager und Behälter sind auf jeweils vierzig Jahre begrenzt, die letzte endet im Jahr 2047. Dann wird aber selbst nach den optimistischsten Prognosen kein sogenanntes Endlager in Betrieb sein. Eine Lösung zur sicheren Entsorgung von Atommüll gibt es weder in Deutschland noch weltweit. Für eine „Dauer-Zwischen-
lagerung“ sind aber weder die bestehenden Gebäude noch die Behälter ausgelegt. Sie entsprechen schon jetzt nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik. Die Bundesregierung will jedoch einfach so weitermachen und die Aufbewahrungsfristen in den bestehenden Lagern verlängern.
Dem westfälischen Ahaus drohen noch in diesem Jahr neue Castor-Transporte aus dem For-
schungsreaktor FRM II in Garching bei München. Bei den Brennelementen aus dem FRM II han-
delt es sich um hochangereichertes und damit waffenfähiges Material (87% U235). Mehrfache Ge-
nehmigungsauflagen zur Umrüstung auf niedrig angereichertes Uran wurden von den Betreibern des FRM II ignoriert, ohne dass die bayrischen Aufsichtsbehörden eingeschritten sind. Stattdessen werden Brennelemente in Garching gelagert, abgereichert, verpackt und nach Ahaus transportiert. Am 9. März demonstrieren auch Münchner Atomkraftgegnerinnen und -gegner in Ahaus.
Der erst 2004 in Betrieb gegangene Forschungsreaktor FRM II der TU München wird seit dem 1. Januar 2011 unrechtmäßig betrieben. Das bayrische Umweltministerium als zuständige Aufsichts-
behörde hätte den Betrieb schon vor Jahren untersagen müssen. Zu diesem Ergebnis kommt im Juni ein Gutachten der Rechtsanwältin Dr. Cornelia Ziehm, das unter anderem das Umweltinstitut München in Auftrag gegeben hat. Schon bei der Planung und Inbetriebnahme gab es erhebliche Proteste im In- und Ausland, weil der FRM II hoch angereichertes Uran verwendet und damit internationale Bemühungen zur Abrüstung und zur Nichtverbreitung von Atomwaffenmaterial untergräbt. Deswegen wurde 2003 die Genehmigung nur befristet ausgestellt: Bis Ende 2010 sollte auf eine niedrigere Uran-Anreicherung (weniger als 50 Prozent Uran-235) umgerüstet werden. Diese Umrüstung ist aber bis heute nicht erfolgt. Das nun vorliegende Rechtsgutachten belegt: Die Umrüstungsmaßgabe ist eine wesentliche Inhaltsbestimmung – ohne sie wäre die Betriebsgeneh-
migung überhaupt nicht erteilt worden. Da gegen diese Bestimmung verstoßen wird, ist der Betrieb des FRM II seit 2011 illegal.
„Bombenurannachschub stockt – Der Forschungsreaktor FRM-2 der TU München in Garching steht seit Monaten still, weil der Brennstoff-Nachschub stockt … Der brisante Brennstoff, der selbst nach dem Einsatz im Reaktor noch waffenfähig ist, muss von Russland nach Frankreich und von dort nach Garching geschafft werden. Bei diesen Transporten gibt es offenbar größere Probleme – Frankreich erteilte dem deutschen Spezial-Laster jedenfalls keine Sondergenehmigung mehr für die Fahrt mit dem Bombenstoff. Unter Verweis auf ein aktuelles Rechtsgutachten fordert ein Bünd-
nis aus Umweltschützer*innen, Jurist*innen, Politiker*innen und Wissenschaftler*innen derweiI die sofortige Abschaltung oder Umrüstung des Reaktors. Ein Weiterbetrieb mit HEU sei wider-
rechtlich.“1
(zuletzt geändert am 7.9.2019)
1 .ausgestrahlt magazin Aug/Sept/Okt 2019, .