Materialien 2006

Offener Brief der Vorstände

Bayerisches Staatsorchester
Chor der Bayerischen Staatsoper
Bayerisches Staatsballet

München, 25.7.2005

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
Sehr geehrter Herr Finanzminister,
Sehr geehrter Herr Kultusminister,

unsere nach BAT und MTArb beschäftigten Kolleginnen und Kollegen haben sehr berechtigte Sor-
gen um ihre Zukunft und um die Zukunft unserer Staatsoper, die sie vor einigen Wochen auch in einem Warnstreik zum Ausdruck brachten. Die künstlerischen Kollektive der Oper sind nach eige-
nem Tarif beschäftigt und an die Friedenspflicht gebunden, trotzdem wollen wir zum Ausdruck bringen, dass wir die Sorgen unserer technischen Mitarbeiter teilen und uns mit deren Aktionen solidarisch erklären.

Es ist schwer einzusehen, warum der Freistaat Bayern noch mehr Sonderopfer von seinen Be-
schäftigten verlangt als der Bund und die Kommunen, die ja schon längst einen für die Arbeitneh-
mer sehr schmerzhaften Tarifabschluss erreicht haben. Gerade an unserem Haus wären über die-
sen Sparbeitrag hinausgehende Verschlechterungen, insbesondere bei den Arbeitszeiten, nicht mehr aufzufangen. Schließlich ist die Bühne ein Arbeitsplatz der höchsten Gefährdungsstufe, Er-
müdungserscheinungen und Konzentrationsmängel, wie sie bei weiteren Verschärfungen der Anforderungen fast zwangsläufig auftreten würden, gefährden unser aller Leben und Gesundheit.

Die gesamte Belegschaft der Staatsoper hat sich bei den letzten Sparrunden äußerst flexibel und einsatzbereit gezeigt. Die technischen Anforderungen der Produktionen wurden im Lauf der Jahre immer größer und komplexer, die Personaldecke gleichzeitig immer dünner. Durch großes Engage-
ment aller Mitarbeiter haben wir es geschafft, dies aufzufangen und das Produkt, das unsere Zu-
schauer sehen wollen, die Opern- und Ballettvorstellungen noch immer in höchster Qualität abzu-
liefern. Unsere hohe Auslastung (gut 95% der Karten verkauft) und unser weltweites Renomée sind das Ergebnis der exzellenten Arbeit aller Abteilungen des Hauses. Nicht zuletzt ist die Bayerische Staatsoper als führendes Opernhaus Deutschlands ja auch ein Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt und ein Indikator für den Stellenwert der Kultur im Freistaat.

Das Arbeitsvolumen, das durch den sehr vielseitigen Spielplan und die hohen technischen Ansprü-
che der Regisseure vorgegeben ist, auf immer weniger Mitarbeiter zu verteilen, die dafür immer länger arbeiten müssen, wird auf Dauer die Flexibilität und Einsatzbereitschaft überfordern, eine solche Tarifpolitik wird die Qualität der Arbeit an unserem Haus und damit auch die künstlerische Qualität unserer Vorstellungen beeinträchtigen. Das zu verhindern ist unser gemeinsames Anlie-
gen.

Mit freundlichen Grüßen

Der Orchestervorstand
Der Chorvorstand
Der Ballettvorstand


Zeitendiebe und Lohnräuber. Ausgewählte Texte zum VER.DI-Streik 2006, München 2006, 19 f.