Flusslandschaft 2020

Wohnen

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Straßenlaterne in der Schwanthalerstraße

Innerhalb der letzten fünf Jahre sind die Mieten um 30 Prozent angestiegen, von durchschnittlich 14,50 Euro pro Quadratmeter auf 18,80 Euro. Allein lebende Menschen geben in München im Durchschnitt 31 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus. Das Münchner Aktionsbündnis Volksbegehren #6JahreMietenstopp veranstaltet am Samstag, 25. Januar, von 11.50 bis 12.05 Uhr einen Flashmob in der Sendlingerstraße 8. Motto: „DIE STADT IST ZU TEUER! Wir ziehen des-
halb auf die Straße, weil die Mieten zu hoch sind!“

Am 6. März übergibt um 11 Uhr die Initiative Volksbegehren #6JahreMietenstopp gesammelte und beglaubigte Unterschriften von 52.000 Bayern an das Innenministerium. Mit dem Begehren will sie erreichen, dass in über 160 Städten und Gemeinden in Bayern die Mieten für sechs Jahre eingefroren werden.


Das soziale Klima droht zu kippen, wenn …
… Mieter*innen einen Großteil ihres Einkommens für die Miete brauchen,
… statt bezahlbaren Wohnungen vor allem teure Eigentumswohnungen entstehen,
… durch Wohnungskündigung und Räumungsklagen Menschen in die Wohnungslosigkeit ge-
schickt werden,
… weiterhin ein Mietrecht gilt, das die Eigentumsrechte der Vermieter über das Wohnrecht der Mieter*innen stellt,
… Investoren fette Profite machen auf Kosten derjenigen, die in den Häusern wohnen.
Am 15. September 2018 demonstrierten über 11.000 Menschen auf der bisher größten Mieterdemo Münchens. Am 28. März 2020 gehen in ganz Europa Initiativen und Organisationen unter dem Motto „Wohnen für Menschen statt für Profite“ gegen steigende Mieten, den Ausverkauf unserer Städte, Verdrängung durch Spekulanten und Immobilienkonzerne und Zwangsräumungen auf die Straße. Die Forderungen von #ausspekuliert:
– Mietenstopp und Mietobergrenzen
– nachhaltigen sozialen Wohnungsbau
– Stopp der Umwandlung in Eigentumswohnungen
– erschwerte Eigenbedarfskündigungen
– Abschaffung der Modernisierungsumlage
– Recht auf Wohnen
– das Ende der Spekulation mit Grund und Boden
In der bayrischen Verfassung heißt es: „Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemes-
sene Wohnung.“ (Art. 106) „Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- und Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen." (Art. 161) Bezahlbare Mieten sind ein elementarer Baustein im Kampf gegen Altersarmut. Unter dem Hashtag #rentefüralle ruft Deutschlands größter Sozialverband VdK ebenfalls am 28. März in München zu einer Großdemonstration auf. Um auch auf der Straße zu zeigen, dass die beiden The-
men eng miteinander verzahnt sind, treffen sich die beiden Demonstrationszüge von VdK und #ausspekuliert auf halber Strecke, und schließen sich zusammen, um eine gemeinsame Schluss-
kundgebung am Odeonsplatz abzuhalten!

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Realität vor einer Filiale der Immobiliengesellschaft Patrizia in der Sonnenstraße (sic!) im Früh-
ling 2020

Der damalige Finanzminister Markus Söder sorgte 2013 dafür, dass 33.000 landeseigene Wohnun-
gen (Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft genannt) an ein Konsortium um die Immo-
bilienspekulanten der Patrizia AG verscherbelt wurden. 8.000 Wohnungen davon laufen heute unter dem hübschen Label Davonia. Außen hui, innen pfui! Da gibts maximale Mieterhöhungen selbst bei „Sozialwohnungen“, Verdreifachung der Mieten durch Modernisierung, geplanten Abriss von Wohnhäusern oder Verwahrlosung der Wohnanlagen. Eine Protestkundgebung findet am Samstag, 20. Juni, um 17 Uhr auf dem Platz vor der Adams-Lehmann-Straße 87 statt.

Am Donnerstag, 16. Juli, entscheidet der bayrische Verfassungsgerichtshof, dass das Volksbegeh-
ren #6JahreMietenstopp
mit knapp 52.000 Unterschriften unzulässig sei. Zuständig für das Miet-
recht sei der Bund und nicht die Länder. Die Initiatoren protestieren vor dem Justizpalast. Auf ihrem Transparent steht »Bayern kann’s nicht!« CSU-Vertreter sind erleichtert; sie meinen, weite-
re Eingriffe in Mietpreisregelungen würden Investoren abschrecken. Diese gingen dann dorthin, wo höhere Renditen winken.

Zum Ende des Jahres wird deutlich, der Trend beim Wohnungskauf geht in der Isarmetropole in Richtung 27.000 Euro pro Quadratmeter.


1 Foto vom 1. September 2022: Franz Gans

2 Foto © Volker Derlath

Überraschung

Jahr: 2020
Bereich: Wohnen