Flusslandschaft 2020
Behinderte
Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, findet der 29. Behindertenprotesttag statt. Wegen der Corona-Auflagen wird in den meisten Städten gar nicht mehr protestiert. In München versuchen Aktivist*innen eine Kundgebung am Marienplatz durchzuführen. Ihr Protest wird vom KVR extrem eingeschränkt. Maximal 15 (!) Teilnehmer, obwohl laut Innenministerium und Ministerpräsident Markus Söder für alle Bürger seit dem 4. Mai Versammlungen bis 50 Personen erlaubt sein sollten. Damit nicht genug: Die Bürger Bayerns dürfen laut Innenminister Herrmann und MP Söder eine Stunde demonstrieren. Schwerbehinderte am Behindertenprotesttag nach den Auflagen des Kreisverwaltungsreferats hingegen nur eine halbe. So halte 15 Teilnehmer bei ihrem Protest gegen die Ungleichbehandlung von Schwerbehinderten unter der Aufsicht von ebenso vielen (entspannten) Polizeibeamten leise und friedlich ihre Schilder hoch. Patricia Koller, Aktivistin für Behindertenrechte und Inklusion und Leiterin eines bundesweiten Selbsthilfenetzwerks: „Deutschland hat eine sehr behinderten-
feindliche Vergangenheit, wenn aber Inklusion früh gelernt und gelebt wird, entstehen Barrieren im täglichen Umgang nicht mehr. Deshalb laden wir Sie dazu ein, sich für ein besseres, inklusives Miteinander in München einzusetzen und mehr Solidarität zu leben. Wir wollen nicht aussortiert und in Parallelwelten abgeschoben werden. Auch wir wollen ungehindert an Veranstaltungen teil-
nehmen und problemlos Ärzte aufsuchen können, die ihre Praxen barrierefrei zugänglich machen. Obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention, d.h. ein völkerrechtsverbindlicher Vertrag, vor über 10 Jahren ratifiziert wurde, ist sie bis heute nicht umgesetzt worden. Deutschland hat sich da bis-
her nicht mit Ruhm bekleckert und noch immer werden Schwerbehinderte und psychisch Kranke schlechter gestellt.“1
Einige Tage nach der Demo, am 16. Mai, schreibt Patricia Koller dem Verantwortlichen dieser Sei-
te: „Nachdem man uns bei dem behinderten Behindertenprotesttag am 5. Mai durch Auflagen so gut wie alles unmöglich gemacht hat, habe ich selbst eine neue Protest-Demo angemeldet. Am 20. August werden wir ab 14 Uhr auf dem Odeonsplatz in München für ein selbstbestimmtes (!) Leben, unsere Rechte, mehr Barrierefreiheit und für die Gleichberechtigung von Schwerbehinderten de-
monstrieren. Wir haben bereits von einigen Seiten (u.a. auch prominente) Unterstützung zugesagt bekommen, freuen uns aber natürlich, wenn sich noch mehr Menschen hilfreich einbringen möch-
ten, damit dieser Tag zu einem echten Erfolg wird und allen in guter Erinnerung bleibt. PS: Wer meint, es sei nicht sein Thema, sollte immer im Hinterkopf haben, daß er/sie schon morgen selbst betroffen sein kann.“
Am Donnerstag, 20. August, findet ab 14 Uhr ein weiterer Behindertenprotest gegen Ausgrenzung, Bevormundung und Unterdrückung für ein selbstbestimmtes(!) Leben, Teilhabe und Barrierefrei-
heit auf dem Marienplatz statt.2
1 Siehe https://randgruppenkrawall.de/fotos-behindertenprotesttag-2020/# und www.aktion-mensch.de/5mai.
2 Siehe https://randgruppenkrawall.de/2020/05/20/behindertenprotest-am-20-8-2020-auf-dem-marienplatz-in-muenchen/#.