Materialien 1971
Kinder gegen den Großflughafen
Lehrer: Heute ist in Neufahrn einiges los.
Kinder: Flughafendiskussion mit Abgeordneten, dem Bürgermeister, Bürgermeisterin und mit dem Flughafendirektor Graf Castell.
Lehrer: Warum protestieren die Bürger?
Kinder: Wegen Lärm, Gestank. Niemand will in Neufahrn bleiben. Die Gemeinde stirbt aus. Die Fabriken gehen weg. Unsere Eltern haben nichts mehr zu verdienen oder müssen nach München in die Arbeit fahren. Der Lärm wird so groß, dass man sich nicht mehr unterhalten kann. Der Krach, den die Flugzeuge machen, macht krank. Die Äcker werden verschmutzt. Die Bäume gehen kaputt, man braucht einen Kopfhörer um sich zu verständigen. In der Schule braucht man Hörgeräte.
Lehrer: Wie würde es in 15 Jahren aussehen?
Kinder: Die Neufahrner ziehen weg. Neufahrn würde eine Geisterstadt, die Tiere gehen ein. Blei ist in der Milch. Der Badeweiher wird verdreckt sein. Wenn man aus dem Weiher kommt, wird man eine ganz braune Schicht haben. Die Häuser würden verfallen. Es würde Krankheiten geben. Krebs kann man kriegen. Ganz taub wird man, man muss sich immer die Ohren zuhalten.
Lehrer: Was kann man dagegen tun?
Kinder: Plakate ausstellen. Demonstrieren. An den Abgeordneten schreiben. Streik machen.
Lehrer Was können wir tun?
Kinder: Streiken, einen Schulstreik machen. Demonstrieren. Plakate malen.
Lehrer: Plakate können wir jetzt gleich malen. Ich schlage vor, wir malen große Transparente zum herumtragen, auf denen zu sehen ist, was geschehen würde, wenn der Großflughafen hier herkom-
men würde.
Kinder: Wir malen ein Flugzeug über Neufahrn, dem hinten der ganze Dreck heraus kommt und alles darunter versaut.
Lehrer: Wie könnte man das malen?
Kinder: Die Bäume sind dürr. Die Bäume sind ganz schwarz. In der Luft Dreck. Die Menschen sind ganz braun. Voll Schmutz. Die Häuser verfallen. Die Häuser sind dreckig. Der Himmel ist trüb. Die Wiesen sind verschmutzt. Die Kühe sterben, weil sie Blei fressen müssen. Man könnte einen Lei-
chenwagen malen. Man könnte jemand malen mit einem Hörgerät. Einen Kranken im Bett. Vor-
schlag: Links alles sauber, rechts, wo das Flugzeug war, alles verdreckt. Da wachsen keine Blumen mehr. Das Gras ist ganz gelb.
Lehrer geht auf den letzten Vorschlag ein und fasst zusammen: Was müsste also alles.dargestellt sein?
Kinder: Flugzeug, zerbrochene Fensterscheiben. Unter dem Flugzeug steht einer, der sich die Ohren zuhält. Flugzeug könnte abstürzen, auf ein Haus stürzen. Links Sonne, rechts alles trüb, alles tot.
Lehrer: Geht nochmals auf den letzten Vorschlag ein, greift nicht weiter ein, ordnet die vorgetra-
gene Ideensammlung, sondern lasst sie als anregende Stoffsammlung so stehen.
Lehrer gibt nun Materialhinweise: lhr bekommt Dispersionsfarben, mit denen man sonst Fassaden und Wände anstreicht. Nicht mit Wasser verdünnen. Mischen könnt ihr auf diesen Pappscheiben, die ich mitgebracht habe. Hier ist Packpapier, das könnt ihr am Rand unterlegen, damit der Boden nicht so verschmiert wird. Besprecht zuerst, wie ihr die Fläche einteilen wollt. Ihr habt gut Platz nebeneinander zu malen. In diesem Kübel könnt ihr den Pinsel auswaschen …
Kunst und Unterricht, Sonderheft 1971. Lehrprogramm Kunstdidaktik, Velber bei Hannover, 91 f.