Materialien 1980
Betr. Kriegsspielzeug
DR. HANS-JOCHEN VOGEL
BUNDESMINISTER DER JUSTIZ
5300 BONN 2. DEN 26. November 1980
HEINEMANNSTRASSE 6
TELEFON 58 40 00
An die
Initiative für Gerechtigkeit, Frieden und Abrüstung
z.Hd. von Herrn Dieter Karres
Veilchenstr. 18
8047 Karlsfeld
Sehr geehrter Herr Karres,
für Ihr Schreiben vom 4. November 1980 und die beigefügten Unterschriftenlisten danke ich Ihnen.
Die von Ihnen mitgetragenen Aktionen in Dachau beweisen ebenso wie die mir übermittelten Unterschriften, dass immer mehr Bürger Kriegsspielzeug ablehnen und diese Ablehnung öffentlich kundtun. Solche Aktionen tragen dazu bei, durch die allmähliche Schaffung eines öffentlichen Be-
wusstseins von den möglichen negativen psychologischen und pädagogischen Wirkungen des Um-
gangs mit Kriegsspielzeug dessen Verwendung weiter einzudämmen. Mit einem gesetzgeberischen Eingreifen sollte deshalb derzeit noch gewartet werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass in Schweden gerade kein gesetzli-
ches Verbot von Kriegsspielzeug ausgesprochen, sondern zwischen den maßgeblichen Organisatio-
nen auf freiwilliger Basis eine Vereinbarung mit dem Ziel der Selbstbeschränkung getroffen wor-
den ist. Ich wirke in der Bundesrepublik Deutschland seit längerer Zeit auf freiwillige Maßnahmen der Selbstbeschränkung der Verantwortlichen in Spielzeughandel und -industrie hin. Dies ge-schieht auch wegen der nicht unerheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten bei einer gesetzlichen Definition des Begriffs „Kriegsspielzeug“. Gewisse Anfangserfolge solcher Selbstbeschränkungs-maßnahmen sind bereits zu verzeichnen. So ist beispielsweise den Mitteilungen des Verbandes der Deutschen Spielwarenindustrie e.V. vom 26. Oktober 1979 folgendes zu entnehmen:
Ein großer Teil der deutschen Einzelhandelsfirmen, die ca. 80 – 90 % des deutschen Spielwaren-
verkaufs repräsentieren, führt kein Kriegsspielzeug im eigentlichen Sinne mehr; bei einem weite-
ren Teil ist der Umsatz so weit zurückgegangen, dass er bis Ende des Jahres 1979 bei rund 0,5 % liegen würde. Die Auswertung einer Ende 1979 beim Fachhandel durchgeführten Umfrage hat diese Angaben im wesentlichen bestätigt. Das Ergebnis der Umfrage deutet darauf hin, dass ein nicht geringer Teil des Fachhandels zwar Modellbausätze, nicht aber fertige Nachbildungen von Kriegsspielzeug führt und dass die ohnehin geringe Nachfrage nach Kriegsspielzeug insgesamt zur Zeit eher rückläufig ist. Es wird weniger exzessiv geworben und die Verpackung wird zunehmend neutral gestaltet.
Für Ihre diesjährige Aktion wünsche ich Ihnen viel Erfolg und ein breites Echo in der Öffentlich-
keit.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Vogel
Archiv der Münchner Arbeiterbewegung