Flusslandschaft 1974

Umwelt

„»Künftiger Benzinbetrieb umstritten« – so überschrieb ich Ende Juni einen Bericht über einen Münchner Kongress der »Internationalen Organisation für Autos und Werkstatt«. Ausgerechnet der Vorstandsvorsitzende der Volkswagenwerke AG, Rudolf Leiding, prophezeite da eine »regiona-
le Einschränkung der Nutzung des Automobils«. Er begründete das mit dem Kostendruck durch hohe Auflagen für Sicherheit und Umweltschutz. Als alternativen Zukunftsmarkt sahen die Auto-
macher damals die Entwicklungsländer und die Ostblockstaaten. An Demos gegen Pro-Auto-Ver-
anstaltungen war noch lange nicht zu denken.“1

Am 18. September findet beim Richtfest eine Kundgebung gegen das ESSO-Mineralgroßtanklager an der Detmoldstraße in der Lerchenau/Milbertshofen unter dem Motto „Großtanklager und Schiessplatz – wann sollen wir in die Luft fliegen“ statt. Minister Jaumann ist in Erklärungsnot. Auf einem Transparent steht „Schert euch hin, wo der Pfeffer wächst“.2

HA Schult, der von 1961 bis 1978 in München lebte, raste 1970 mit seiner „Aktion 20.000 Kilome-
ter“ zwanzig Tage lang von der Feldherrnhalle aus durch Deutschland nach Hamburg und wieder zurück bis ins Fernsehstudio Freimann. „Sinnloser Quatsch“, raunzte der Spießer. Schult aber machte Furore mit einer spektakulären Kunstaktion, die zugleich auf die verheerenden Auswirkun-
gen des Individualverkehrs auf die Umwelt hinwies. Im Herbst 1974 zeigt HA Schult („Macher“, nicht „Künstler“, wie er von sich sagt) seine Installationen in der Städtischen Galerie im Lenbach-
haus
. Die Ausstellung „Umwelt“ ist hier bis zum 5. Januar 1975 zu sehen.

(zuletzt geändert am 28.6.2024)


1 Karl Stankiewitz am 27. Juni 2024

2 Vgl. Süddeutsche Zeitung 216/1974. Fotos: Stadtarchiv Standort Rudi Dix-Archiv. Mappe 2024 Demonstrationen. (hier: „19.9.1974“)

Überraschung

Jahr: 1974
Bereich: Umwelt