Materialien 1977
Das Kollektiv Rote Rübe
Am Anfang waren es acht Absolventen der Falckenberg-Schule, die sich von der herkömmlichen Schauspiellehre abwendeten, eine Theaterwerkstatt gründeten und eigene Schulungskurse (Brecht, Artaud) veranstalteten. 1973 riefen sie das Theaterkollektiv Rote Rübe ins Leben. Sie verstehen sich als überregionales und politisches Theater.
Bisherige Aufführungen:
„Stifte mit Köpfen“, 1973 (Probleme am Arbeitsplatz mit Lösungsversuchen);
„Bravo-Bravo“, 1973 (Freizeitprobleme und Selbstbestimmungsversuche der Jugend);
„Frauenpower“, 1973 (Eine ♀Straßen- und Cafétheaterrevue♀ gegen den § 218)
„Terror“,1974 (Bilder aus dem Chile nach dem Putsch);
„Viva Italia“, 1975 (Eine Revue gegen den neuen Faschismus in Europa am Beispiel Italien);
„Paranoia“, 1976 (Eine Revue gegen die Furcht und das Elend in Deutschland).
Ihr neuestes Stück mit dem Arbeitstitel „Liebe, Tod, Hysterie – ein Zirkus“ werden sie beim Münchner Theaterfestival (15. – 29. Oktober 1977) uraufführen. Thema des Stücks ist die „Mikro-
physik der Macht“, der Macht eines Staates, der es nicht mehr nötig hat, mit brutaler Gewalt zu züchtigen. Die allmähliche Verinnerlichung von Normen ist viel subtiler und schwerer zu durch-
schauen. Dies soll anhand der drei Bereiche Liebe, Tod und Hysterie gezeigt werden. Das Kollektiv arbeitet hier an einer neuen Theaterform ohne Anfang und Ende – groteske Bilder werden zu einer Show aneinandergereiht, die scheinbar keinen logischen Zusammenhang mehr zeigt …
Das Kollektiv Rote Rübe spielte in Deutschland in vielen größeren Städten. Auslandsgastspiele gaben sie u.a. im Theatre National de Strasbourg, im Mickery-Theater in Amsterdam, in Belgien, Italien und London. Der internationale Durchbruch gelang ihnen 1974 auf dem Festival Mondial de Nancy in Frankreich mit ihrem Stück „Terror“.
Fliegenpilz. Zeitschrift für Politik + Literatur 1 vom Oktober 1977, München, 29.