Flusslandschaft 2021

Alternative Szene

Schon vor Corona bewegte sich die Münchner linksradikale bzw. linksalternative Szene in ge-
schlossenen Kreisen, in isolierten Freiräumen, in einer Scheinwelt. Über manche Demo freuten wir uns, manche Proteste hatten Erfolg, aber eine bittere Erkenntnis schwamm immer mit: So werden wir die herrschenden Verhältnisse nicht aufbrechen. Wir fanden keine breiten Mehrheiten, hatten mehr den Eindruck, unter ungünstigen Bedingungen „überwintern“ zu müssen und zu hoffen, dass wir irgendwann wieder in die Offensive gehen können. Da kam die Pandemie. Wir Linken waren überrumpelt, hatten keine Position und haben das Feld der Proteste gegen autoritäre Anti-Corona-Maßnahmen offen gelassen, sodass andere dieses übernehmen konnten. Offene Kritik an der Art und Weise, wie der Staat mit seiner autoritären Politik die Pandemie verwaltet, gab es aus der linke Ecke bis auf wenige Ausnahmen eigentlich nicht. Und erstaunlich: Teile der Linken, nicht wenige, finden sich plötzlich im großen Bündnis derer, die – wie jetzt #ZeroCovid – alles, was der Staat so verordnet, begrüßen, ja, noch schärfere Maßnahmen fordern. Richy Meyer meint im Januar diesen Jahres: „Verrückt! Der Staat ist doch nicht die Lösung! Ein starker Staat schon gar nicht! Und wir richten uns abgespalten von jeglicher proletarischen Lebensrealität im stay-home-Biedermeier häuslich ein, bis der Staat die Pandemie aus der Welt geschafft hat, oder wir gefallen uns darin, ausdifferenzierte Konzepte des Ausnahmezustandes in den Diskurs einzubringen. Auch das Man-
tra, Corona sei jetzt die Chance, die Gesellschaft von Grund auf umzubauen, wird ergebnislos bleiben. Die vielbeschworenen Sachzwänge des Marktes und der Politik überleben die Pandemie. Wenn wir uns weiter im eigenen Saft drehen, werden wir eines Tages in einem realen totalitären Albtraum aufwachen. Die Herrschenden haben längst begonnen, daran zu arbeiten. Deren ausfüh-
renden Organe befinden sich nach wie vor nicht im Homeoffice und sind vermutlich Supersprea-
der. Ist ein starker, vernünftiger Staat nicht wesentlich utopischer als gar kein Staat und eine freie Gesellschaft?“

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Aufkleber auf einer Straßenabsperrung am Professor-Huber-Platz. „Jung-Brutal_Ausgebeutet“ beginnt eine Demo am 16. Januar um 18 Uhr auf dem Zita-Zehner-Platz. Auf einem Transparent heißt es: „Scheiss Arbeitsverhältnisse – Gar kein Bock“ Pyrotechnik sorgt für Stimmung.

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Bei der Bahnunterführung in der Bavariastraße am 16. Februar

Konstantin Wecker spricht und singt am 19. März über Anarchismus: https://www.youtube.com/watch?v=QZ-y3yFCNqQ

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Ein am Bauzaun vor der Glyptothek geparktes Fahrrad am Ersten Mai

Nationalisten, Völkische und Autoritäre sind in die Querdenkerbewegung eingesickert. In der öffentlichen Meinung wird ihr Verschwörermentalität und rechte Gesinnung zugeschrieben. Es sieht so aus, als ob beinahe alle „Linken“ dem staatlichen Vorgehen zur Eindämmung der Pande-
mie zustimmen. Einige wenige meinen, dies sei die endgültige Abkehr von kapitalismuskritischem Denken und Handeln.4


Foto: Franz Gans. Siehe https://brutalausgebeutet.noblogs.org/.

2 Foto: Franz Gans

3 Foto: Gustl Dittrich

4 Siehe https://freie-linke.de/larissa/2021/08/2447.

Überraschung

Jahr: 2021
Bereich: Alternative Szene