Materialien 2014

Auf zu neuen Ufern – Gauck „kriegts“ möglich!

Da tagten sie wieder, die Mächtigen dieser Welt, auf der Münchner Sicherheitskonferenz – nicht in der Feldherrenhalle, sondern im Bayerischen Hof, nicht mehr nur geheim, sondern, wenn ge-
wünscht, im Scheinwerferlicht der embeddeten Journalisten. Gauck ist der erste Präsident der BRD, der die ehemalige Wehrkundetagung und heutige Münchner Sicherheitskonferenz, die nun seit 50 Jahren besteht, eröffnete. Es war eine Rede, die mir das Blut in den Adern gerinnen ließ. Hat sich dieser nach „allen Seiten offene Präsident“ doch vorgenommen, das Selbstbild der Deut-
schen zu korrigieren. Als ich diese schauerlichen „präsidialen“ Aussagen hörte, kam es mir vor, als ob uns Deutschen endlich von einem ehemaligen Pastor, der endlich sein Thema gefunden hatte, „Kriegs-Mitverantwortung" schmackhaft gemacht werden sollte. Deutsche an die Front!

Hier ein paar Kostproben von Gaucks Gedankenspielen, die bei mir hängen geblieben sind: Nach der historischen Schuld aus der Zeit des Nationalsozialismus wären lange keine militärischen Bei-
träge von Deutschland erwartet worden. Jetzt sei es aber an der Zeit, dass Pazifismus kein Deck-
mantel für Bequemlichkeit werde. Deutschland habe kein Recht mehr auf dauerhaftes Wegsehen. Dies führe nur zu einer „Selbstprivilegierung“, die Gauck kritisierte! Man könne in Deutschland nicht so weitermachen wie bisher. Deutschland solle sich als guter Partner entschiedener und substanzieller einbringen. Eine größere Verantwortung könne beides bedeuten, mehr finanzielle Beteiligung zur Lösung der Krisen der Welt, aber manchmal auch den Einsatz von Soldaten. Wir brauchen das Nato-Bündnis, so Gauck. Und wenn die Vereinigten Staaten nicht ständig mehr leisten könnten, müssten Deutschland und seine europäischen Partner für ihre Sicherheit zuneh-
mend selbst verantwortlich sein und anderen Hilfe nicht versagen, „wenn Menschenrechtsverlet-
zungen in Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberungen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit münden".

Es war Bundespräsident Horst Köhler, der nach nur einem Jahr am 31. Mai 2010 zurück trat, „um Schaden vom Amt abzuwenden“ nach Äußerungen wie: im Notfall sei auch ein militärischer Ein-
satz notwendig, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel für freie Handelswege. Er hatte also die Konsequenzen gezogen, nach (bewusst?) missverständlichen Äußerungen, die aber durchaus den Nagel auf den Kopf trafen, bis zum heutigen Tag! Joachim Gauck sprach nun wieder einmal in seiner „Prediger Rhetorik“ die Bürger an, doch endlich die Notwendigkeit auch von militärischer Einmischung anzuerkennen, aus „Sorge“ um die Weltsicherheit.

Was haben der Friedensnobelpreisträger US-Präsident Obama und der deutsche Präsident ge-
meinsam? Beide sind großartige Rhetorik-Schwätzer,ausgestattet mit einem gefährlichen Sen-
dungsbewusstsein und großer Selbstüberschätzung. Eine gefährliche Mischung, die Massen kurz-
fristig begeistern kann, aber schon nach kurzer Zeit die Leere und Phrasenhaftigkeit dieser Reden offenbart.

Ja, diese Gro/Ko/tz-Regierungskoalition hat das neue Denken eingeläutet, das allerdings schon vor Jahren mit Aussagen vom vormaligen SPD-Verteidigungsminister Struck wie „unsere Freiheit, die auch am Hindukusch verteidigt wird“, bis hin zum SPD-Verteidigungsminister Scharping, mit des-
sen Hinweis auf de „Quantensprung im Zusammenhang mit dem ersten deutschen aktiven Kriegs-
einsatz seit 1945 auf dem Balkan“ vorbereitet wurde.

Noch schlimmer erscheinen mir die Worte vom damaligen grünen Außenminister Joschka Fischer aus dem Jahr 1999, als der die deutsche Geschichte/Schuld als Begründung für den Satz „Nie wie-
der Auschwitz!“ instrumentalisierte, um so die deutsche Kriegsbeteiligung in Ex-Jugoslawien zu rechtfertigen.

Bundespräsident Gauck hat jetzt erneut die „neue deutsche Außenpolitik“ mit der Vergangenheit verbunden, um seine Abneigung gegen Pazifisten zum Ausdruck zu bringen. Und er hat SPD-Außenminister Steinmeier, der in die gleiche Melodie eingestimmt hat, als Einzigen in seiner Rede lobend erwähnt, außer natürlich die „Mutter der Garnison“, Ursula von der Leyen, die neue Ver-
teidigungsministerin, die schon zuvor die Kriegstrommeln bedient hatte. Steinmeier hatte doch immerhin ein stärkeres außenpolitisches Engagement Deutschlands gefordert: „Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren.“ Nur allzu klar, dass der „kleine Wahlverlierer“ SPD (27,5 Prozent) jetzt groß/kotzt in der Koalition!

Auch Norbert Röttgen – wir erinnern uns –, der von Merkel entlassene Umweltminister und zu-
rückgetretene NRW-CDU-Landeschef; wieder auf die Füße gefallen und jetzt Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im deutschen Bundestag, mischte sich von der Sicherheitskonferenz aus in die Weltpolitik ein. Er forderte Neuwahlen in der Ukraine, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass der ukrainische Präsident Victor Janukowitsch nicht „Teil der Lösung“ sei.

Ich frage mich wirklich, ob es Teil der Lösung ist, wenn wir, der Westen, überall Unruhe-Herde „gestalterisch“ begleiten, das heißt den Aufruhr schüren, von Syrien bis zur Ukraine. So konnte der ukrainische Oppositionelle und extra nach München eingeflogene „Boxer im Ruhestand“ Vitali Klitschko, der lange in Deutschland lebte, in den USA seine Steuern zahlt und in der Ukraine Prä-
sident Janukowitsch stürzen will, vollmundig auf der Konferenz und in der Tagesschau verlangen, Deutschland müsse klarmachen, dass es keine Menschenrechtsverletzungen dulde.

Wieder einmal haben wir es mit der Verlogenheit der deutschen Politik zu tun, die mit zweierlei Maß agiert. Menschenrechte werden nur gefordert, wenn es unseren Interessen in den Kram passt! Hingegen wird der Palästina-Konflikt in einem anderen Licht gesehen und toleriert. Denn da ha-
ben wir es ja mit dem „Jüdischen Staat“ und jüdischen Lobby-Organisationen zu tun, die die Ver-
gangenheit und die Shoah schamlos für ihre Zwecke missbrauchen. Ich habe noch die schreckli-
che Reise von Bundespräsident Gauck in Erinnerung, während der er den Israelis vollmundig zu Mund redete und die Palästinenser kurz abfertigte. Seine Begriffe von Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde gelten eben leider nicht für Palästina. Es ist schon ein Trauerspiel, wie sich die deutsche Regierung, die GRO/KO/TZE, für Kriegseinsätze und Boykotte stark macht – aber nur solange es nicht um Boykott gegen die Menschenrechtsverletzungen des „Jüdischen Staates“ geht! Hier hört der Einsatz gegen Menschenrechtsverletzungen bei „unseren“ Politikern auf.

Da sitzen sie zusammen auf dieser Konferenz, die Regierenden, US-Senatoren und AIPAC Lobby-
isten wie Senator John McCain und Lieberman, Kerry und Hagel, Kissinger (!), schön neben den anderen „Elder Statesmen“ Schmidt, Bahr, Giscard, moderiert von einem anderen „Israel-Verste-
her“, dem Zeit-Herausgeber Josef Joffe und diskutieren über die Weltordnung. Diese Gaudi war eine der wenigen von der Konferenz live übertragenen! Sonst hatte man es lieber etwas intimer im Bayerischen Hof, ganz unter sich, abgeschirmt von der Wirklichkeit und Außenwelt, im Ghetto der Kriegs- und Umsturzpläne! So wird Welt- und Außenpolitik gemacht in München, der „Stadt der Bewegung“!

Noch ein Nachtrag, eine Warnung an alle Leser: Sollten vielleicht Ihr Sohn, oder Ihre Tochter, oder vielleicht Sie selbst Mitglied der DKP sein und ein Konto bei der Commerzbank haben. Sie wissen schon, das ist die „Bank an Ihrer Seite“, die sich verzockt hatte,vom Steuerzahler vor der Pleite ge-
rettet werden musste und inzwischen Projekte in Israel sponsert oder auch den Israel-Kongress in Berlin. Die Commerzbank kündigte einer Kundin das Konto nach 45(!) Jahren, deren Sohn pikan-
terweise Kommunist und Sprecher der DKP in München ist. Pflegt diese Privatbank jetzt also eine Art politischer Kontoführung, der „Artenreinheit“?

Wieder ein Beispiel der unschönen Praktiken der Commerzbank, aber zum Glück gibt es ja noch Banken, wie die Sparkasse, wo der „Kommunist“ ohne Probleme ein Konto hat. Wie meinte die Privatbank, die sich zwar vom Staat, also uns, retten ließ, aber sonst auf ihre Eigenständigkeit pocht und sich nicht zur „Unterhaltung von Geschäftsbedingungen verpflichtet fühlt“ (mit Kom-
munisten?)! Ist das vielleicht das „braune Erbe“ der Dresdner Bank, die von der Commerzbank übernommen wurde?

Erinnern Sie sich noch an den Spruch aus der NS Zeit? „Wer marschiert hinter dem ersten Tank? Das ist der Dr. Rasche von der Dresdner Bank!“

Evelyn Hecht-Galinski


Das Krokodil. Grundsatzschrift über die Freiheit des Denkens, bissig – streitbar – schön und wahr und (manchmal) satirisch 8 vom März 2014, Köln, 20 ff.

Überraschung

Jahr: 2014
Bereich: Sicherheitskonferenz