Flusslandschaft 2024
Wohnen
Immer wieder werden die exorbitant steigenden Mietpreise beklagt. Im vorigen Jahrtausend hat schon Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel einmal von einer Besteuerung des Bodenwertzu-
wachses gesprochen. An Vorschlägen, um die Misere zu stoppen, mangelt es nicht: Mietpreisde-
ckel, Leerstandsabgabe, kommunales Vorkaufsrecht … Aber: „Die Kräfteverhältnisse in den Parla-
menten sind meilenweit davon entfernt, auch nur eine der genannten Maßnahmen umzusetzen. Der wichtigste Hebel liegt damit bei uns allen, als Mieterinnen und Mieter. Wir müssen den Wider-
stand gegen die Immobilienspekulanten in jedem einzelnen Fall vor Ort organisieren und uns poli-
tisch und juristisch wehren. In den organisierten Mietergemeinschaften und Nachbarschaften liegt die Stärke einer schlagkräftigen Mieterbewegung … Sowohl um die Agnesstraße 48 als auch um das Sendlinger Loch gibt es Menschen, die den öffentlichen Druck beständig aufrechterhalten. Es ist ein beschwerlicher Kampf, aber nur so können wir gemeinsam Veränderungen in der Mietenpolitik erzielen.“1 Das Problem würde sich in Luft auflösen, wenn Grund und Boden vergesellschaftet wür-
den.
Bei der „Krachparade“ in München ziehen 5.000 Teilnehmer lautstark gegen die „Stillegung“ der Stadt durch die Stadt. Das Bündnis „Mehr Lärm für München“ hat zu dem Protestzug in der Innen-
stadt für Samstag, den 25. Mai, aufgerufen. Mit Musik, Transparenten und Kunstnebel marschie-
ren die Demonstranten um 15 Uhr vom Odeonsplatz über den Gärtnerplatz bis zur Theresienwiese. Sie fordern Freiluftkonzerte und Raves auf Straßen, Plätzen, Brücken und in Parks niederschwellig zu ermöglichen sowie mehr günstigen Wohnraum zu schaffen. 2014 wurde die „Krachparade“ we-
gen des Baus von Luxuswohnungen an der Feilitzschstraße gegründet. Gegen die damit verbunde-
ne Schließung der Kult-Kneipe Schwabinger Sieben wurde vorher schon protestiert. Initiator Tho-
mas Suren: „Die Geschichte in Schwabing war ein gutes Beispiel dafür, wie Luxussanierungen das Leben verdrängen. 2014 haben wir uns deswegen in der WG zusammengesetzt und festgestellt, dass das ein größeres Problem in ganz München ist. Da dachten wir, es wäre doch cool, wenn wir eine Kundgebung dazu machen. Wir haben gesehen, dass das wahrscheinlich ein Kampf gegen Windmühlen wird, gegen die Immobilienlobby. Also musste das etwas sein, das uns auch Spaß macht, damit wir dranbleiben. Unsere größte Errungenschaft der letzten zehn Jahre ist, dass wir eine Lobby gegründet haben, die sagt: Es gibt natürlich das Bedürfnis nach Ruhe und Luxus und Ordnung, aber es gibt eben auch das Bedürfnis nach Lärm, nach Leben, nach sozialem Miteinander und nach Musik. Wir sind viele und wir sind laut. Nimm das, Immobilienlobby.“
Klimaschutz ist heute eine zentrale Herausforderung. Immerhin entfallen auf den Sektor Bauen und Wohnen rund 40 Prozent der deutschen CO2-Emissionen. Die Frage ist, ob energetische Sa-
nierung auf dem Rücken von Mieterinnen und Mietern durchgezogen wird? Im Sommer fehlen in München etwa 10.500 Wohnungen. Zur gleichen Zeit stehen ca. 22.000 Wohnungen leer, das sind 2,7 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes.
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Protest gegen den geplanten Abriß eines Hauses Ecke Rosen-/Fürstenfelder Straße
1 Siehe https://jacobin.de/artikel/muenchen-mietkrise-wohnraum-immobilienspekulanten.
2 Foto vom 1. September: Franz Gans