Flusslandschaft 1980

Kapitalismus

Manche verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind. Begriffe tauchen auf im Wirbel der Ar-
gumente, kaum wahrgenommen verschluckt sie das Meinungsgestöber. Einige bleiben, sind ge-
schrieben an Zwischenwände, unheilverkündend wie einst „Mene mene tekel u-parsin“, das vor Belšazar, dem König Babylons, bei einem Gastmahl an der Wand aufglüht und seinen Sturz ankün-
digt. – Apologeten der herrschenden Warenwelt, der Produktions- und Wirtschaftsform sind deren Nutznießer. Die meisten glauben dies zumindest. Da erscheint bei ihren Gastmählern immer häufi-
ger der Begriff „Spätkapitalismus“ an der Wand. „Spät“ deshalb, weil seine Tage angeblich gezählt sind. Er sei, so die Warnung, auf die forcierte Vernutzung von Mensch und Natur angewiesen und stoße dabei auf deren quantitative Grenzen, sodass er mit der Zerstörung seiner Ressourcen am Ende sich selbst zerstöre. Um einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, entsteht neuerdings die Fiktion eines geläuterten Kapitalismus, der dann überlebt, wenn er mit „green deals“ auf „ökologi-
sche Prämissen“ zurückgreift. Dem widersprechen Subrealisten: „Das ökologische Denken ist die Hoffnung, das gänzlich Sinnlose mit einer moralischen Anstrengung zu reinigen.“1


1 Subrealisten Bewegung, Zur Kritik der politischen Ökologie, Edition Nautilus Flugschrift 27, Hamburg 1980.

Überraschung

Jahr: 1980
Bereich: Kapitalismus